Die Haushaltsplanungen beschäftigen die Tübinger Bürgerschaft. Am letzten Donnerstag empfingen uns Gemeinderäte vor dem Rathaus viele aufgebrachte Menschen, die ihren Unmut über die bevorstehenden Kürzungen zum Ausdruck gebracht haben. Und am Samstag fand eine „Demonstration gegen Kürzungen“ statt. Es gehört zu einer Demokratie, dass sich möglichst viele einbringen, und es ist legitim, dass man seine Interessen in den Vordergrund stellt und versucht, diese durchzusetzen. Ein paar wenige Menschen überschreiten allerdings die Grenzen sachlicher Kommunikation, wenn beispielsweise in Leserbriefen der Gemeinderat pauschal als „ideologieverblendet“ oder die Räte als „verlogen“ bezeichnet werden und unterstellt wird, dass einem die Kultur oder soziale Belange egal seien.
Ja, es tut weh, wenn für liebgewonnene und bewährte und wichtige Errungenschaften im kulturellen und sozialen Bereich weniger Geld vorhanden ist. Und das Defizit ist enorm: Auch nach der Aktualisierung wichtiger Haushaltsansätze liegt es immer noch bei rund 30 Millionen Euro, verursacht durch eine höhere Kreisumlage, die die Stadt abführen muss, durch die Erhöhung von Gehältern und Verteuerung von Sachleistungen und weniger Steuereinnahmen.
Aus zahlreichen Gesprächen wissen wir, dass vielen nicht klar ist, was passieren wird, wenn wir GemeinderätInnen, dieses Defizit nicht in den Griff bekommen. Dann wird die Aufsichtsbehörde, das Regierungspräsidium, den Haushalt nicht genehmigen und alle Ausgaben, die nicht vorgeschrieben sind, kürzen. Das wird alle Bereiche treffen: Kultur, Sport, Klimaschutz und Sozialleistungen. Der einzige Weg, diesem Diktat zu entgehen und das Heft des Handelns nicht aus der Hand zu geben, ist, dass sich der Gemeinderat einigt und mit vielen schmerzhaften Kürzungen einen genehmigungsfähigen Haushalt vorlegt.
Die SPD-Fraktion wird sich dieser Verantwortung stellen und sich nicht wie andere Fraktionen verweigern. Dabei wird die SPD darauf achten, dass die wichtigen Strukturen der Kinder- und Jugendsozialarbeit weiterhin gut bestehen können und es zu keinem Kahlschlag bei Kultur und Sport kommen wird. Mir ist es sehr wichtig, nochmals darauf hinzuweisen, dass trotz dieser Kürzungen Tübingen eine soziale Stadt mit vielfältigem Kulturangebot bleibt, die überdurchschnittliche Standards bietet, um die uns die meisten Gemeinden beneiden.
von Heinrich Riethmüller