In fünf Tagen beginnt das neue Schuljahr. Mit ihm kommen die ersten G9-Fünftklässlerinnen an die Tübinger Gymnasien. Die direkten Auswirkungen dieser Reform sind für Eltern und Kinder sofort spürbar. Als Mutter einer angehenden Fünftklässlerin bin ich selbst unmittelbar betroffen. Aber was bedeutet die Rückkehr zu G9 für die Stadt? Es braucht mehr Platz an den Schulen. Brisant wird das Platzproblem, wenn die jetzigen Fünftklässlerinnen, anstatt nach 8 Jahren Abitur zu machen, noch ein weiteres Jahr an der Schule bleiben. Nach jetziger Prognose fehlen dann Räume für 28 Klassen! Das betrifft alle Tübinger Gymnasien. Der Bau einer neuen Schule ist zeitlich nicht zu schaffen – ganz abgesehen von den finanziellen Herausforderungen, die schon jetzt auf die Stadt zukommen. Bleibt also die Erweiterung der bestehenden Schulen.
Die Ideen reichen von der Unterbringung der Klassen des Carlo-Schmid-Gymnasiums in der Mörikeschule bis hin zu Außenklassen im Neubau der Hans-Küng-Gemeinschaftsschule. Das
allein wird jedoch nicht genügen.
An den Tübinger Gemeinschaftsschulen erreichen die 5. Klassen nicht ihre Maximalauslastung, jedoch steigen die Schülerzahlen bis Klasse 9 stark an. Diese Schulform muss also schon beim Übergang von Klasse 4 zu 5 attraktiver werden – nicht nur als Alternative, wenn es auf dem Gymnasium nicht klappt. Allein kommunalpolitisch ist das kaum zu erreichen. Ein Umdenken
in der Landespolitik ist gefragt. Es ist Zeit, ein sozial gerechtes, inklusives, leistungsfähiges und individuell förderndes Schulwesen anstelle von ständig neuen Provisorien zu schaffen! Die SPD steht für das 2-Säulen-System: Aus der Zusammenführung von Hauptschule, Werkrealschule, Realschule und Gemeinschaftsschule soll eine neue Sekundarschule neben
dem Gymnasium entstehen. Zwei gleichwertige Schularten, die den Weg zum individuell passenden Schulabschluss ermöglichen.
Als Gemeinschaftsschullehrerin weiß ich aus täglicher Erfahrung, wieviel Unterricht entfällt und wie hoch die Arbeitsbelastung ist, weil nicht genügend Personal eingestellt wird – und das obwohl unsere Schülerschaft so unterschiedliche Voraussetzungen und teils schwierigste Startbedingungen hat. Mit einer neuen, bedarfsgerecht ausgestatteten Sekundarschule gäbe es nicht nur ein attraktives Schulangebot, das allen Kindern und deren Bildungsbiographien gerecht wird, es wäre auch ein Teil der Lösung des Platzproblems.
Nathalie Denoix
