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Forschungsstandort Tübingen

Ein Leserbrief ist sowenig ein ströbelscher Vierspalter, wie ein Forschungsinstitut ein Saustall ist. Hier noch einmal zum Sortieren:

1. Für den Biotechnologiepark haben sich mit größten Mehrheiten die Gemeinderäte von Tübingen und Reutlingen, die Universität, die Landesregierung, die Landesbank und noch viele andere ausgesprochen. Breiter konnte die Zustimmung nicht sein.

2. Bios=Leben. Es war jedem klar und es muss jedem aufgeweckten Zeitgenossen klar sein, dass es sich bei den Einrichtungen eines Biotechnologieparks nicht um etwa kleine, klinisch blitzblanke, chemische Labors, sondern um Forschungsstätten handelt, in denen Produkte für lebende Menschen und lebende Tiere (BIOS!) erforscht und erprobt werden. So schon bisher am Standort, so auch in den angrenzenden Max-Planck-Instituten. Das geht ohne unter Umständen zahlreiche Tiere nicht ab.

3. In Kenntnis dessen haben die Mitglieder des Planungsausschusses am 25. September einstimmig bei einer Enthaltung die Verwaltung aufgefordert, das Projekt Böhringer-Ingelheim voranzutreiben und auf die Tagesordnung des Gemeinderats zu setzen. Es ist eine böswillige Unterstellung sowohl des Tagblatts, als auch einiger Leserbriefschreiber, hier sei etwas „durchzupeitschen“ versucht worden. Die Verwaltungsspitze hat einzig den einhelligen Auftrag der Gemeinderäte ausgeführt.

4. Die OBM hätte, würde sie wie ein abgefeimter Politiker taktieren, das Verfahren locker bis nach der Wahl verschleppen können. Hat sie aber nicht gemacht.

5. Es ist gut und richtig, die Sache noch einmal mit größerer Beteiligung zu erörtern.

6. „Der Redakteur bekommt mit der Zeit den Größenwahn. Besonders der beschränkte, der nicht sieht, daß er nur Handwerkszeug Größerer, hinter ihm Stehender ist. Er hat im Laufe der Jahre gelernt, daß das, was er nicht drucken lässt, für Hunderttausende nicht existiert – daß das, was er den Leuten mit der Papageientaktik in die Köpfe lärmt, für sie im Mittelpunkt der Erde steht. Er wird also immer mehr auf die Wirkung als auf die Wirklichkeit sehen“. (Presse und Realität, Kurt Tucholsky als Ignaz Wrobel, am 13. 10. 1921 in der Weltbühne Nr. 41, Seite 373)

Klaus te Wildt
SPD-Stadtrat
Gechtstraße 17
Pfrondorf

Die Erklärung der Oberbürgermeisterin zum Thema hier

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Er hätte es besser wissen können

Der Kandidat und die Depot-Planung; Leserbrief vom 04.08.2006

Es ist schon erstaunlich, was so alles im Zusammenhang mit den Veranstaltungen des OB-Kandidaten Palmer in der Zeitung steht. Beim Depot komme der Parkplatz zuerst, alles andere werde herum konzipiert. So ein Unsinn! Vor einigen Jahren hat der Gemeinderat (!) nach mehreren gescheiterten Versuchen, mit Investoren ins Geschäft zu kommen beschlossen, ein Fachmärktekonzept am Depot zu realisieren, um den innerstädtischen Handel zu ergänzen und nicht zu zerstören. Nun kann genau dieses Konzept verwirklicht werden, stadtplanerisch sicher nicht perfekt aber sehr ansehnlich. Dass zu diesem Konzept auch die notwendigen Parkplätze gehören, ist nur folgerichtig. Wesentlich ist, dass alle Vorgaben des Gemeinderats hinsichtlich der Nutzung erfüllt werden. Die beiden Speichergebäude bleiben stehen. Hier entsteht neuer Wohnraum für Studierende.
Boris Palmer hätte es besser wissen können, wenn er sich bei denen erkundigt hätte, die sich schon jahrelang mit dem Projekt beschäftigt und herumgeschlagen haben, die sich fast ihr ganzes Leben mit Stadtplanung befassen.
Und dann wurde bei der Veranstaltung offenbar eines rücksichtsvoll verschwiegen: Dass nämlich für die Sanierung städtischer Gebäude in erster Linie jedenfalls nicht die Oberbürgermeisterin zuständig ist.

Martin Rosemann

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Es geht um Förderung

Leserbrief zur beabsichtigten Einrichtung eines Hochbegabtenzuges am Uhlandgymnasium

Um was geht es eigentlich bei der Genehmigung eines Hochbegabtenzuges am Uhland- Gymnasium ?
Es geht nicht um immer schärfere Selektion.
Das dreigliedrige Schulsystem wird nicht durch die Ablehnung einer Hochbegabtenklasse am Uhlandgymnasium geändert und das weiß Boris Palmer.
Auch wird die soziale Spaltung des Landes nicht durch diesen Schulversuch zementiert. Hochbegabung hält sich nicht an soziale Schichten und es sind gerade nicht die Kinder des so genannten Bildungsbürgertums, die auffällig werden, sie werden nämlich auch zuhause gefördert, sondern es sind die anderen, die, denen dieses Angebot nicht zur Verfügung steht . So gesehen hilft ein spezielles Eingehen der Schule auf hochbegabte SchülerInnen sogar soziale Schranken zu überwinden.
Kurz: Boris Palmer schlägt hier Schlachten am falschen Ort!
Denn es geht um hochbegabte Kinder, denen im regulären Schulbetrieb meist nichts anderes übrig bleibt, als Klassen zu überspringen. Sind Zehnjährige integriert, wenn sie mit Teenagern in eine Klasse gehen?
Es geht um Kinder, die zum Teil verhaltensauffällig werden, weil ihre Hochbegabung nicht erkannt wird.
Es geht darum, Kinder individuell zu fördern.
Es geht darum, dass diese Kinder mit gleichaltrigen Mitschülern aufwachsen können.
Und sie werden ihre vielfältigen Begabungen in die Schulgemeinschaft und sicher auch in das soziale und kulturelle Leben Tübingens einbringen.
Ich freue mich auf die öffentliche Diskussion, die diesen Schulversuch begleiten wird. Und vielleicht ermöglichen die Erkenntnisse der wissenschaftlichen Begleitung auch, die organisatorischen Hindernisse zu beseitigen, die einem integrativeren Modell entgegenstehen.

Andrea Le Lan

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Ein Zug für Hochbegabte am Uhlandgymnasium?

Zum Abstimmungsverhalten der SPD-Fraktion und zur Berichterstattung des Tagblatts vom 02. August 2006

Man muss nicht hochbegabt sein und man bedarf auch keines Hinweises, für den man gar noch dankbar sein müsste (so denunzierend Sepp Wais), um die einfache Feststellung treffen zu können, dass über bildungspolitische Fragen nicht im Tübinger Gemeinderat entschieden wird. In dem schon gar nicht. Das Land wird eine Anzahl von Zügen für sogenannte Hochbegabte einrichten, ganz gleich, was der Tübinger Gemeinderat davon hält. Und wenn ein solcher Zug nicht am Schul- und Bildungsstandort Tübingen eingerichtet wird, dann irgendwo anders. Bei aller Skepsis, die das Modell betrifft, wir schwingen uns nicht dazu auf, einer im Grundsatz entschiedenen und von der Schulkonferenz des UG gewünschten und beschlossenen Sache den Garaus zu machen. Das alles ist am Ende eine Frage von Redlichkeit und intellektueller Klarheit. Entscheidungen im Gemeinderat dürfen nicht zum Gesinnungstest verkommen.

Von alledem unabhängig ist, dass wir als Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten eine differenzierte Meinung zum Problemkreis Bildung und dort auch zur Hochbegabtenförderung haben. Ein komplexes Thema, das jedenfalls in einem Leserbrief nicht zu behandeln ist. Aber die Schlachten müssen da geschlagen werden, wo sie zu schlagen sind.

Klaus te Wildt

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Boris Palmer und der Golfplatz

Leserbrief auf die Berichterstattung im Tagblatt vom 31.Juli 2006 zum Golfplatz in Kressbach

Im Wahlkampf ist ja mit vielem zu rechnen. Dass aber jemand, der Verwaltungschef und Vorsitzender eines demokratischen Gremiums werden will, geschwind auf die Bühne tritt und mit zwei Sätzen einen jahrelangen Planungs- und Abwägungsprozess für irrelevant erklärt, ist bemerkenswert und düpiert alle, die sich nach bestem Wissen und Gewissen den Kopf zerbrochen haben. Bauverwaltung, Gemeinderat und Fachbehörden (Regierungspräsidium, Landratsamt) haben sich wieder und wieder mit der Golfplatzplanung befasst und pflichtgemäß wieder und wieder die Argumente und Gesichtspunkte abgewogen. In einem langen, gründlichen verfahrenstechnischen und demokratischen Prozess wurde ein Ergebnis gefunden. Die nachvollziehbaren Interessen von Anwohnern mussten am Ende (durchaus mit Bedauern) hinter den Belangen des Natur- und Landschaftsschutzes zurückstehen. Nicht die jetzt auf den Weg gebrachte Planung bewirkt einen massiven Eingriff in die Landschaft, sondern die von Boris Palmer aufgegriffene. Ein rechtzeitiger Blick in die Unterlagen hätte sehr helfen können.

Klaus te Wildt

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Bleiberecht für Familie Akasche

Seit einem Jahr ist eine der Akasche-Töchter Auszubildende für den Beruf der Pharmazeutisch-Kaufmännischen Angestellten (PKA) in der gleichen Apotheke, in der ich als angestellte Apothekerin berufstätig bin. Schon als Praktikantin hat sie sich hoch motiviert in die Apothekenteamarbeit eingefügt. Mit Bedauern und großem Unverständnis erfuhren Apothekenleiter und -team, dass der jungen Frau die ihr angebotene Ausbildungsstelle zur PKA vom Regierungspräsidium nicht genehmigt wurde, obwohl das Verwaltungsgericht Sigmaringen schon damals festgestellt hatte, dass ihr die Chance einer Berufsausbildung gewährt werden müsse. Dank der entschlossenen und auch rechtlich weitsichtigen Intervention von unserer Oberbürgermeisterin Brigitte Russ-Scherer konnte die junge Frau dann doch ihre Ausbildung beginnen. Auch in der Gewerblichen Berufschule, in der ich viele Jahre lang das Unterrichtsfach Pharmazie für PKA unterrichtete – in diesem Sommer vertretungsweise unter anderem in der Klasse von Frau Akasche –, ist sie von mir als ausgesprochen gute Schülerin wahrgenommen worden. Ich kann mich nur den Worten des Mädchentreff e.V., Tübingen anschließen und sagen: „Tübingen kann sich glücklich schätzen, die Familie Akasche dauerhaft in ihre Stadt aufzunehmen.“

Irmgard Rittberger-Rückert , Apothekerin und Mitglied des Gemeinderats

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Stadtwerke / Tarifgestaltung

Leserbrief zur Diskussion um die Tarifpolitik der Stadtwerke Tübingen

Die Stadtwerke Tübingen stehen momentan heftig in der Kritik Stadträte der sogenannten TÜL/PDS fordern sogar deren Kunden auf, den Anbieter zu wechseln. Mittlerweile konnte nachgewiesen werden, dass die Stadtwerke ihren Kunden im Vergleich zu den wichtigsten Wettbewerbern eine preiswerte Energieversorgung anbieten. Doch darum allein geht es nicht: Mit der europaweiten Liberalisierung des Strommarktes müssen sich die Stadtwerke seit ein paar Jahren dem Wettbewerb stellen. Viele Städte haben im Zuge dieser Liberalisierung ihre Stadtwerke verkauft. Die Stadtwerke Tübingen hingegen haben sich diesem Wettbewerb erfolgreich gestellt und zwar so erfolgreich, dass sie neben einer preiswerten Versorgung der Bürgerinnen und Bürger durch die Übernahme der Verluste von ÖPNV und Bädern sowie der Gewinnausschüttung an die Stadt in den letzten fünf Jahren einen Beitrag zur Sanierung des städtischen Haushalts in Höhe von insgesamt 31,3 Millionen Euro geleistet haben. Hinzu kommen 5,3 Millionen Gewerbesteuerzahlungen an die Stadt.
Ein Vergleich mit der EnBW verbietet sich also eigentlich von selbst, zumal die Stadtwerke im Gegensatz zur EnBW auch im ökologischen Bereich vorbildlich sind: Die Energieerzeugung der Stadtwerke erfolgt umweltschonend durch den Einsatz von Kraft-Wärme-Kopplung in Heizkraftwerken, durch Sonnenenergie und Wasserkraft, während die EnBW überwiegend Atomstrom anbietet. Mit Förderprogrammen unterstützen die Stadtwerke zudem die Nutzung umweltschonender Erdgastechnik, beispielsweise bei der Umstellung von Ölheizungen auf Erdgas.
Fazit: Hätten wir diese Stadtwerke nicht, müssten wir TÜBus-Linien streichen und unsere Bäder schließen, wie es übrigens genügend andere Städte tun. Wieder einmal richtet sich die Politik der PDS damit gegen die Stadt und alle Bürgerinnen und Bürger, denn die Konsequenz ihrer Parolen wäre, die Stadtwerke an die EnBW und damit an den Atomkonzern EDF zu verkaufen. Dümmer geht´s wirklich nimmer!

Martin Rosemann, SPD-Stadtrat, Derendingen, Kanalstraße 16.

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Es kann gar nichts passieren…

Leserbrief vom 14.02.2006

Bruno Gebhard-Pietzschs Aufruf, massenhaft Leserbriefe zu schreiben, ist auch mir in die E-Mail-Box gelangt und ich will dem gerne willfahren. Bruno hat völlig Recht. Es ist ein starkes Stück, sein Kellertheater stillzulegen. Zwar habe ich in den letzten zwei Wochen in der Süd-West-Presse über mindestens 20 Brände mit Toten und Verletzten nur in Baden-Württemberg gelesen. Aber dergleichen kann bei Bruno keinesfalls passieren. Er selber hat es gesagt. Und deshalb passen die gesetzlichen Bestimmungen einfach nicht auf seinen Keller. Was der Gesetzgeber vorschreibt, einen zweiten Fluchtweg für Räume, die für den Aufenthalt von Menschen eingerichtet sind, kann doch nicht für Brunos Keller gelten. Denn dort passiert nichts. Es ist auch unsinnig, dass die Bauverwaltung sich kleinlich an gesetzliche Bestimmungen hält. Immerhin geht es um Kunst und bei Kunst hört der Brandschutz auf. Für Kleinkunst ist das Publikum Feuer und Flamme, es verzichtet gerne auf das, was für jede Kneipe, jedes Kino, jedes Theater selbstverständlich ist. Das muss eine vernünftige Behörde beachten, da muss sich eine vernünftige Behörde über das Gesetz erheben können. Und schließlich ist Bruno Stadtrat. Als Stadtrat weiß er schließlich am Besten, wo es sinnvoll ist, Recht und Gesetz Geltung zu verschaffen und wo nicht. Zum Schutz der Ohren besteht Bruno aufs Dezibel genau auf die Einhaltung von Musikpegeln (Afrobrasil). Aber er hat auch richtig erkannt, dass § 15 der Landesbauordnung (Schutz von Leben und Gesundheit) für ihn und sein Publikum einfach nur schikanös und mithin unbeachtlich ist. Wo er Recht hat, hat er Recht. – Gott strafe die Stadtverwaltung!

Klaus te Wildt
Gechtstraße 17
Tübingen

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Wohnheim für Behinderte

Es ist kurz auf den Leserbrief von Gerhard Längle vom 23.07. einzugehen. Mag sein, dass die Ortschaftsräte der Liste „Pfrondorfer Bürger“ sich in der Sitzung vom 13.07. deutlicher hätten artikulieren können. Es gibt nämlich einen Beschluss der Mitgliederversammlung, mit dem sich die Liste eindeutig und einstimmig für das Projekt am zur Debatte stehenden Standort ausspricht. Freilich wurde dort die Erwartung geäußert, dass die Interessen der Bevölkerung sowie die Belange des Sports, und der Verkehrs- und Parksituation bei einer Konkretisierung des Vorhabens berücksichtigt würden.
Es gibt eine Anzahl Pfrondorfer Bürger, die vom Ortschaftsrat schon jetzt ein definitives Nein zum Vorhaben verlangen. Und mit dem genannten Leserbrief wird wiederum schon jetzt ein definitives Ja gefordert. Es geht aber nicht um rigorose Bekenntnisse, es geht um einen durchaus mühsamen Entscheidungsprozess. Die Pfrondorfer Ortschaftsräte verhalten sich überwiegend sehr rational. Von einem gewählten, zur Entscheidung berufenen Gremium muss erwartet werden, dass es seine Entscheidungen erst nach dem Vorliegen aller Fakten und Argumente trifft. Und zwar unabhängig davon, ob seine Mitglieder einem Projekt zustimmend oder ablehnend gegenüber stehen. So funktioniert Demokratie. Ein Ortschaftsrat würde versagen, wenn er, wie jetzt zu beobachten, einem zum Teil aggressiven Druck weicht. Aber auch Moralisieren hilft nicht weiter. Das Erzeugen von Schuldgefühlen ist geradezu die Ursünde bei der Diskussion von sozialen Problemen. Es ist eigentlich ganz einfach: 1. Es gibt Menschen mit Behinderungen. 2. Diese Menschen müssen wohnen und sie müssen betreut werden. 3. Sie dürfen nicht abgeschoben werden. 4. Wenn 3. gilt, müssen wir diese Menschen an unserer Seite, d.h. im Alltag annehmen, akzeptieren. – Das alles ist nur sehr am Rande eine Frage von Moral und Glaubensbekenntnissen. Es ist schiere Notwendigkeit und eine Frage von Bürgersinn, Verantwortung und Vernunft und schließlich eine Frage nach der Bereitschaft, sich auf unbequeme Herausforderungen einzulassen.

Klaus te Wildt
SPD-Gemeinderat
Mitglied der Liste Pfrondorfer Bürger

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Neckarhalde 31

Leserbrief vom 22.02.2005;

Im Tagblatt vom 19.02 lesen wir, Stadtrat Brenner würde das Haus Neckarhalde 31 gern nach Simon Hayum benennen. Nichts ist falscher als das.
Namensgebungen sind immer strittige Angelegenheiten. Was wird jemand tun, dem an einer bestimmten Namensgebung für eine Straße, eine Schule – oder für ein Haus der Wissenschaften – gelegen ist? Er wird Argumente sammeln und sich nach Verbündeten umtun. Unproduktiv dürfte es sein, zum Auftakt alle Welt zu beleidigen und zu verdächtigen,
So aber das Vorgehen von Stadtrat B. Er bringt den Namen eines Opfers nationalsozialistischer Willkür ins Gespräch. Damit macht er sich die Befangenheit zu Nutze, die allgemein dann Platz greift, wenn es um das Andenken an frühere jüdische Mitbürger geht. Stadtrat B. ist es, der berechnend den „Gegensatz“ sucht: Hier Nazi, dort Jude. Und er versucht, sich damit unangreifbar zu machen. Wer einen jüdischen Namen nennt, ist sakrosankt. Das entspricht dem Vorgehen der hessischen CDU im Parteispendenskandal („Jüdische Vermächtnisse“).
Nun ließe sich über den „Vorschlag“ diskutieren, wobei zu Bedenken zu geben ist, dass die Bestimmung eines Hauses mit der Namensgebung korrespondieren sollte. Warum aber unternimmt Stadtrat B. alles, um diejenigen, die zu entscheiden haben, zu brüskieren. Warum nimmt er, um die Sache sicher scheitern zu lassen, einen geschätzten Ratskollegen in Sippenhaft. (Er macht das geschickt, er behauptet nichts oder nur halb, er verdächtigt, insinuiert.) Stadtrat B. will, dass sein „Vorschlag“ so, wie er ihn in Szene gesetzt hat, ohne Erfolg bleibt. Er tut alles, um ihn scheitern zu lassen, um dann den Rest der Welt als Antisemiten, als Leute, in deren Köpfen der Faschismus weiterlebt, zu denunzieren und so einen maximalen Propagandaeffekt zu erzeugen. Aber selbst das könnte man als eine seiner Widerlichkeiten abtun, wenn er nicht mit vorbarbarischer Kaltschnäuzigkeit den Namen Simon Hayums für seine Zwecke missbrauchen würde. Das ist der eigentliche Skandal. Wir erleben mit der Vergiftung der Atmosphäre im politischen Tübingen einen Hauch von Weimar. Wer dazu schweigt, macht sich schuldig!

Darauf der Leserbrief von Bernhard Strasdeit, Schwäbisches Tagblatt 25.02.2005

Immer, wenn Nationalsozialismus und Tübinger Nachkriegsgeschichte im Kontext diskutiert wird, flippt der Tübinger SPD-Stadtrat Klaus te Wildt total aus. Diese Aufgeregtheit hat Namen. Denken wir an die lange Debatte um die Gedenktafel in der Gartenstraße, wo bis 1938 die Synagoge stand. Niemand wird in Sippenhaft genommen, wenn thematisiert wird, dass die hiesige Stadtgeschichte der 50er und 60er Jahre von ehemaligen Nazigrößen bestimmt wurde.

„Widerlichkeit“, und „barbarische Kaltschnäuzigkeit“ nennt te Wildt Anton Brenners Vorschlag, das städtische Haus in der Neckarhalde 31 nach Simon Hayum zu benennen. Hayum war liberaler Stadtrat in Tübingen, Jude, Naziverfolgter. Herr te Wildt meint, über den Namensvorschlag könne man ja diskutieren – aber nicht, wenn der
Vorschlag vom bösen Anton Brenner kommt. Deshalb mein Vorschlag zur Güte: Anton Brenner zieht seinen Antrag zurück und die SPD stellt ihn dafür. Das wäre ein Beitrag zur „Entgiftung der Atmosphäre“, wie Stadtrat te Wildt das angeblich herbeisehnt.

Übrigens: Wir haben in Tübingen genügend „Häuser des Wissens“. Was viel mehr Not tut in der „Stadt des Wissens“ sind Schulsozialarbeit, bessere Kinderbetreuung, kein Abbau von Kindergarten-Plätzen, wie das jetzt von der Rathausspitze in Hagelloch vorgesehen ist.