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AKTUELLES ANTRÄGE

Fragen im Kontext des Baus des Geo- und Umweltforschungszentrums

Der Satzungsbeschluss für den Bebauungsplan Campus Morgenstelle 2 wurde Anfang 2015 getroffen. Damit wurde der Weg für den Bau des Geo- und Umweltforschungszentrums der Universität Tübingen frei gemacht. Zu den vertraglichen Regelungen gehört der Abschluss 

eines städtebaulichen Vertrags zwischen der Stadt und dem Land „über die konkrete Aus- und Durchführung bzw. die rechtliche Sicherung der im Bebauungsplan festgesetzten Vermeidungs-, Ausgleichs- und Minimierungsmaßnahmen sowie der erforderlichen Maßnahmen zum vorgezogenen Funktionsausgleich (CEF-Maßnahmen/ Artenschutz)“. – In den textlichen Festsetzungen zum Bebauungsplan ist eine Vielzahl von detaillierten Vorgaben für die Art des Ausgleichs vorgegeben, ebenso Pflanzgebote und Pflanzerhaltungsgebote sowie Auflagen für den Emissionsschutz, insbesondere bezüglich der Vermeidung von Lichtverschmutzung. (Vgl. Vorl. 19/2015 samt Anlagen).

Das Geo- und Umweltforschungszentrum der Universität Tübingen auf der Morgenstelle

ist seit einiger Zeit in Betrieb, laut Bebauungsplan mit einer HNF von 10.000 qm. Die großen Freiflächen um den massigen Bau sind fast völlig versiegelt.

Insgesamt ist also ein großer Verlust von vorherigen wertvollen Habitaten, insbesondere unterschiedlicher Arten von Wiesenflächen zu verzeichnen. Außerdem ist das Gebäude in den Abend- und Nachtstunden großflächig beleuchtet und trägt so zur Lichtverschmutzung bei. Mit dem Bebauungsplan wurde aber neben der Zusammenführung diverser unterschiedlicher Abteilungen und der Stärkung der Forschung in diesem wichtigen Bereich auch das Ziel verfolgt, â€žeine möglichst verträgliche städtebauliche Verbindung der notwendigen Universitätserweiterungen und des landschaftlich sensiblen Naturraums Käsenbach-/ Öhlertal sicher zu stellen“.

Daraus ergeben sich folgende Fragen:

1. In welchem Umfang und wo sind die geforderten Ausgleichsflächen für den neuen Komplex ausgewiesen und sind sie in der vorgeschriebenen Weise „aufgewertet“ worden?

2. In welcher Weise können diese Flächen tatsächlich die Funktion als Ersatzhabitate für seltene oder bedrohte Tierarten (Ziegenmelker??) und Pflanzenarten wahrnehmen?

3. Entspricht der jetzige Umfang der Abend- und Nachtbeleuchtung im Gebäude tatsächlich den Auflagen, die im Bebauungsplan gemacht wurden, um dadurch zu einem besseren Schutz von Insekten und Nachtvögeln beizutragen?

4. Wurden die Pflanzgebote (14 und 8 weitere Großbäume) und die Pflanzerhaltungsgebote eingehalten und die geforderten Nistkästen angebracht?

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AKTUELLES MITTWOCHSPALTEN

Inklusion: Anspruch und dauerhafte Aufgabe

Eigentlich war das Jahr 2020 als Jubiläumsjahr mit vielen Veranstaltungen geplant. Denn vor 10 Jahren wurde die ‚Erklärung von Barcelona‘ unterzeichnet; dadurch verpflichtet sich die Stadt zu umfassender Teilhabe für Menschen mit Behinderungen. Eigentlich hätte am letzten Freitag der im März wegen des Lockdowns verschobene Jubiläums-Festakt nachgeholt werden sollen und Tübingen hätte sich als Stadt präsentiert, in der Menschen mit und ohne Behinderung gemeinsam mit ihren Gästen die Fortschritte im Bereich Inklusion und Barrierefreiheit in allen Lebensbereichen gewürdigt und weitere Verbesserungen eingefordert hätten. Zu diesen Fortschritten gehören u.a. mehr gemeinsames Lernen, mehr Teilhabe am Arbeitsmarkt, mehr Barrierefreiheit im öffentlichen Raum. Eigentlich…. 

Denn leider hat die Corona-Pandemie das Leben vieler Menschen mit Behinderungen 2020 stark zum Negativen verändert. Ihre bisherige Tagesstruktur geriet ins Wanken, weil Einrichtungen geschlossen waren und Schule, Freizeit- und Kulturangebote entfielen. Durch Mangel an Nachfrage hatten sie keine Arbeit mehr, sei es in einer Werkstatt oder, wofür sich die SPD seit langem einsetzt, auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt. Dauerhaft einsam und ausgeschlossen zu sein ist nicht nur für alte Menschen ein Problem, das gilt genauso für Menschen mit Behinderungen. 

Doch vielleicht bringt uns die Krise auch in dieser Hinsicht noch stärker zum Umdenken. Wohnen – selbstverständlich mittendrin! fordert die SPD in ihrem Kommunalwahlprogramm. Dafür braucht es mehr barrierefreien Wohnraum in dieser Stadt und inklusive Wohnprojekte, auch für Menschen mit hohem Assistenzbedarf. So wie wir gemeinschaftliches Wohnen im Alter fördern wollen, muss dies für Menschen mit Behinderung gelten. Auch für sie ist das soziale Umfeld enorm wichtig, müssen ÖPNV, Gesundheits- und Nahversorgung stimmen. 

Um Inklusion voranzubringen – und das bedeutet für die SPD umfassende Teilhabe für alle Bewohner*innen Tübingens – brauchen wir also mehr denn je eine vorausschauende und integrierte Stadtplanung, einschließlich einer Verkehrsplanung, die bei der Umsetzung der Verkehrswende konsequent die Bedürfnisse von Menschen mit Mobilitätseinschränkung oder Sehbehinderung berücksichtigt. Mit dem Beschluss des Klimaschutzprogramms stehen Themen wie ökologisches Bauen und energetische Quartierssanierung im Vordergrund. Dies ist richtig und wichtig – Inklusion muss dennoch in allen Planungsprozessen als Querschnittsaufgabe konsequent mitgedacht werden. 

Neues Denken und Handeln haben wir alle in diesem Jahr lernen müssen, mehr denn je aber gilt es dabei auch etwas zu bewahren: den gesellschaftlichen Zusammenhalt, das Miteinander in unserer Stadt. Dies zu erleben wünschen wir Ihnen allen von Herzen in dieser so anderen Adventszeit! 

Ingeborg Höhne-Mack

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AKTUELLES ANTRÄGE

Präambel zum Kliamschutzprogramm

Interfraktioneller Antrag:

Wir beantragen, den folgenden Text als Präambel in das Klimaschutzprogramm aufzunehmen:

Präambel zum Klimaschutzprogramm

Am 26.11.2020 hat der Tübinger Gemeinderat dieses Klimaschutzprogramm beschlossen. Damit verpflichtet sich die Stadt Tübingen, bis 2030 klimaneutral zu werden. Wir wollen unseren Teil zur Erfüllung des Pariser Klimaschutzabkommens beitragen, um die Erderwärmung auf 1,5 °Grad zu begrenzen. Als Gemeinderat nehmen wir damit unsere Verantwortung für jetzige und künftige Generationen wahr.

Zur stetigen Verminderung der Treibhausgase konzentriert sich die Stadt mit ihren Tochtergesellschaften vor allem auf die Bereiche Wärme, Strom und Verkehr. Um das Ziel der Klimaneutralität in der kurzen Spanne bis 2030 zu erreichen, müssen die entscheidenden politischen Hebel schnell umgelegt und die Rahmenbedingungen festgelegt werden.

Es stehen uns umfangreiche und schwierige Entwicklungen bevor – umso wichtiger ist es, die Forderungen aus dem Klimaschutzprogramm in den gesamten Stadtentwicklungsprozess der kommenden Jahre einzubinden.

Solche Veränderungsprozesse bieten aber immer auch Chancen. Wo sehen wir Tübingen in zehn Jahren? Eine klimaneutrale Energieversorgung hier vor Ort macht uns unabhängig von fossilen Brennstoffen. Eine verkehrsberuhigte Innenstadt schafft mehr Platz für die Menschen, die Luft wird sauberer und gesünder sein.

Natürlich werden manche Maßnahmen für den Einzelnen auch mit Einschränkungen verbunden sein. Sie dienen aber dem Wohl aller. Uns ist es wichtig, Klimaschutz und Sozialverträglichkeit bei allen Entscheidungen als Einheit zu denken. Menschen mit geringem Einkommen sollen bei der Umstellung auf erneuerbare Energien unterstützt werden. Wohnen soll in dieser Stadt für alle bezahlbar bleiben. – Neue, solidarische Wohnformen können dazu ebenso einen Beitrag leisten wie zur Schonung von Flächen.

Gleichzeitig tragen Maßnahmen wie eine Vergünstigung des ÖPNV und eine bessere Anbindung des Umlandes auch dazu bei, soziale Konflikte abzumildern.

Neben der Stadt selbst sind Dritte, insbesondere die Universität und das Klinikum ebenso wie andere Einrichtungen und Unternehmen in Tübingen genauso gefordert, ihren Beitrag zur Klimaneutralität zu leisten. Nicht zuletzt aber sind wir alle als Bewohner*innen dieser Stadt gefragt: Wie viel Konsum und Komfort brauchen wir wirklich? Wie können wir unsere Ressourcen besser und dauerhafter nutzen?

Das vorliegende Programm ist ehrgeizig. Sicher werden neue Erkenntnisse und Entwicklungen Überarbeitungen in den nächsten Jahren immer wieder notwendig machen. (Deswegen kann auch eine begleitende Untersuchung zur Effizienz des jetzt beschlossenen Rahmens durch ein wissenschaftliches Institut hilfreich sein.)

Klar ist: wir werden uns über den besten Weg zur Klimaneutralität immer wieder auseinandersetzen müssen. Die Stadtgesellschaft wird dabei einbezogen. In der Umsetzung bedarf jede Einzelmaßnahme letztlich eines gesonderten Beschlusses durch die politischen Gremien.

Unsere Hoffnung ist, dass wir auf diese Weise auch der nächsten und weiteren Generationen eine lebenswerte Umwelt bewahren können.

Für die Fraktion AL/Grüne: Susanne Bächer

Für die SPD-Fraktion: Ingeborg Höhne-Mack

Für die Tübinger Liste: Ernst Gumrich

Für die FRAKTION: David Hildner

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AKTUELLES

Fragen im Kontext der Zweckentfremdungssatzung

Fragen für die Fragestunde des Gemeinderates am 14.05.20

Die Zweckentfremdungsverbots-Satzung (ZVS) wurde 2016 vom Gemeinderat verabschiedet. Zweifel an ihrer Wirksamkeit zur Eindämmung des Leerstands an Wohnungen und Häusern in Tübingen wurden immer wieder laut und im Zusammenhang mit der Besetzung des Gebäudes Gartenstraße 7 im Sommer 2019 auch noch einmal einer breiten Öffentlichkeit nahegebracht. Die Zweifel sind nicht nur in der langen und aufwändigen Verfahrensdauer (im „Erfolgsfall“ also bis zu einer Wiedervermietung oder einem Verkauf) begründet, sondern vor allem in der Tatsache, dass nach derzeitigem Landesrecht diese Satzung nicht rückwirkend angewendet werden kann.

In den letzten 4 Jahren wurde von mehreren Fraktionen immer wieder bei der Verwaltung nachgefragt, in welchem Ausmaß auch der wachsende air bnb-Markt zu einem Entzug von dringend benötigtem Wohnraum in der Stadt führt. Diese Debatte wird aktuell durch das Bauvorhaben am Heuberger-Tor-Weg neu angefacht, denn hier wird vom Bauträger zur Steigerung der Rendite der Käufer offen mit einer Vermietung der teuren Apartments als air bnb-Wohnungen geworben. – Die Fraktionen der Linken und von AL/Grüne haben in diesem Zusammenhang Anträge zur Aufnahme von air bnb-Vermietungen in die Tübinger Zweckentfremdungs-Verbotssatzung gestellt.

Die SPD-Fraktion stellt in dem vorher skizzierten Gesamtzusammenhang folgende Fragen an die Verwaltung:

1. Die Verwaltung hat Anfang 2020 mit Bezug auf einen Antrag der FRAKTION zum aktuellen Stand berichtet. Darin wurde deutlich, dass nach wie vor nur beim Leerstand von Häusern reagiert wird. – Uns (und auch dem Baurechtsamt) ist bekannt, dass z.B. im Neubaukomplex in der Corrensstraße (Eigentümer im Wesentlichen die ba-wü Versorgungsanstalt für Ärzte….) fast 2 Jahre nach der Fertigstellung des Komplexes noch ca. 15 hochwertige Wohnungen nicht vermietet sind. – Ist die Verwaltung willens, nunmehr auch bei leerstehenden Wohnungen „in eklatanten Fällen“ (vgl. Bericht) die ZVS, die hier ja greifen würde, anzuwenden oder beschränkt sich die Verwaltung weiterhin auf Häuser?

2. Da auch dieser Bereich ja nicht in der derzeitigen Satzung einbezogen ist: Welche Zahlen sind der Verwaltung bekannt zum Leerstand von gewerblichen Räumen im Stadtgebiet?

3. Was ist der aktuelle Informationsstand der Verwaltung bezüglich der Anzahl der Vermietungen von Wohnraum als air bnb-Unterkünfte innerhalb des Stadtgebietes? – Sieht die Verwaltung selbst mittlerweile Handlungsbedarf in dieser Angelegenheit, z.B. durch eine Registrierungspflicht von Anbietern oder eine Auskunftspflicht von Online-Portalen wie air bnb?

4. Wie sieht die Verwaltung selbst inzwischen Erfolg oder Misserfolg der ZVS? – Und: da im Bericht der Stadtverwaltung von Gesprächen zwischen Stadt, Städtetag und der Landesregierung die Rede war: Gibt es inzwischen Ansätze zu einer möglichen Veränderung der Landesgesetzgebung hin zu einer auch rückwirkenden Anwendbarkeit des Zweckentfremdungsverbots oder einer Öffnungsklausel für Kommunen mit einem sehr angespannten Wohnungsmarkt?


Antwort der Stadtverwaltung:

1. Ja, bei besonderes eklatanten Fällen wie dem Leerstand gleich mehrerer Wohnungen in einem Gebäude ist die Verwaltung nicht nur willens, sondern auch bereits dabei, dem nachzugehen. Eine entsprechende Anhörung ist bereits vor einiger Zeit an die Eigentümer versandt worden. 

2. Gewerberäume sind grundsätzlich sehr heterogen und damit auch nur schwer in Statistiken zusammenzufassen und vergleichbar. Zu Gewerberäumen zählen u.a. Büros, Ladenflächen, Werkstätten, Produktionshallen, Lagerhallen/Logistik, Gastronomie oder Labore. Bezüglich der Zweckentfremdungssatzung sind vermutlich v.a. die beiden erstgenannten Typen von Gewerberäumen relevant: Büro und Ladenfläche. Zu diesen Flächentypen liegen uns stadtweite Zahlen vollständig letztmalig von 2018 vor:

Büro: laut einer groben Markteinschätzung der BulwienGesa AG aus München verfügte Tübingen in 2018 über ungefähr 459.000 m² Bürofläche. Die Leerstandsquote wurde mit ca. 1,7% (also etwa 8.000 m²) angegeben. Aktuell sind der WIT freie Büroflächen in einer Größenordnung von ca. 5.000 m² bekannt, wobei davon der Großteil im Areal Güterbahnhof gerade erst fertiggestellt wurde oder in Kürze fertiggestellt wird.

Ladenflächen: in 2018 hat die Fa. Stadt + Handel im Auftrag der Universitätsstadt Tübingen als Grundlage für das Einzelhandelskonzept eine vollständige Flächenerhebung gemacht. Die Gesamtverkaufsfläche lag demnach bei ca. 135.000 m², die Leerstandsquote (nur für die Innenstadt) bei 4% – diese bezog sich aber nicht auf die Verkaufsfläche, sondern auf die Anzahl der Ladeneinheiten.

Zu den übrigen Flächentypen liegen uns keine übergeordneten Statistiken vor. Zu den Hallenflächen (und auch Laborflächen) lässt sich jedoch sagen, dass es hier de facto keinen Leerstand gibt. Im Gegenteil besteht eher ein deutlicher Nachfrageüberhang.

3. Auf Wunsch der SPD-Fraktion habe ich in der Sitzung des Planungsausschusses vor zwei Wochen bereits ausführlich über diesen Punkt und das Bauvorhaben am Heuberger-Tor-Weg gesprochen, jedoch im nichtöffentlichen Teil. Zur Anzahl der Wohnungen: wir haben Indizien, dass die Zahl der Wohnungen steigt und dafür auch bestehender Wohnraum umgewandelt wurde. Die bekannte Zahl an Angeboten liegt bei über 300. Wie sich dies aber auf genehmigte Ferienwohnungen, Teilzeitvermietung oder ungenehmigte Vollvermietung aufteilt, ist nur schwer zu differenzieren. Um dies etwas aufzuklären und eine stabile Datengrundlage zu haben, suchen wir derzeit u.a. direkt mit Airbnb das Gespräch. Zum Handlungsbedarf: wie bereits im letzten Jahr angekündigt, planen wir für Herbst 2020 eine Vorlage für den GR. Dafür analysieren wir im Frühjahr/Sommer die Entwicklung, was in Corona-Zeiten aber nur eingeschränkten Wert hat. Zudem steht die Novellierung des Gesetzes an – siehe nächste Frage. 

4. Zur Frage 2: Das Anhörungsverfahren zur Novellierung soll nach Pfingsten starten. Interessant für uns ist, dass hier vermutlich eine allgemeine Auskunftspflicht für Ferienwohnungen eingebaut. Ebenso sind Regelungen für die maximale Vermietdauer über digitale Plattformen vorgesehen. In der Frage der Rückwirkung für Leerstand soll wohl zunächst ein höchstrichterliches Urteil eines im Moment laufenden Verfahrens aus Berlin abgewartet werden. Eine rückwirkende Anwendbarkeit ist in diesem Gesetzentwurf daher voraussichtlich nicht vorgesehen, auch nicht für besondere Wohnungsmärkte. 
Zur Frage 1: Ambivalent. Wie erwartet liegt der wesentliche Effekt in der öffentlichen Diskussion des Themas und der direkten Kommunikation mit den Eigentümern – darüber ist nach unserer Kenntnis eine größere Zahl von Gebäuden aktiviert worden. 

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AKTUELLES MITTWOCHSPALTEN

Das Miteinander stärken

Die Corona-Krise fordert uns heraus. „Wir haben es in der Hand, ob die Solidarität nach innen und außen die Oberhand gewinnt – oder der Egoismus des Jeder-für-sich. Die Welt wird danach eine andere sein. In welche Richtung es geht, das hängt von uns ab.“– Was Bundespräsident Steinmeier am Wochenende gesagt hat, gilt global ebenso wie lokal. Und wie schnell unsere kleine Stadt weltweite (Medien-)Bedeutung gewinnt, haben wir gerade anhand der Frage gesehen, ob Curevac sich von Trump kaufen lässt, weil der US-Präsident um seine Wiederwahl bangt oder ob dieses Unternehmen sich bei Entwicklung und Vermarktung eines Impfstoffs gegen das Corona-Virus ebenso von ethischen Erwägungen leiten lässt – das letztere ist beruhigender Weise der Fall.

Lokal hat die Pandemie das kulturelle und soziale Leben in Tübingen seit einer Woche per Vollbremsung zum Stillstand gebracht. Was all die Absagen von Konzerten und anderen Aufführungen wegen der Verminderung der Ansteckungsgefahr für die Kulturszene mit ihren vielen kleinen und größeren Akteuren und -innen, was das für die lokale Wirtschaft insgesamt finanziell bedeutet, wird sich erst später in Gänze erschließen.

Akut bedroht sind jene, die bei der täglichen Versorgung mit Lebensmitteln auf Hilfe angewiesen sind. Das sind unterschiedliche Gruppen. Zum einen geht es um jene Risikogruppen von Alten und Hochbetagten, die nicht aus dem Haus gehen sollten– hier gilt es ein Netz von Nachbarschaftshilfe zu knüpfen, so dass sie mit den Dingen des Alltags versorgt werden. Dazu gibt es bereits gute private Ansätze in der Stadt – Stadtteiltreffs könnten dazu als Koordinationsstellen von Helfenden und Hilfebedürftigen einen wichtigen Beitrag leisten. Noch gravierender ist wohl die Tatsache, dass die Tübinger Tafel ihre Arbeit – aus guten Gründen! – derzeit eingestellt hat. Unter den davon betroffenen BonusCard-Berechtigten sind viele Migranten und -innen. Der SPD ist es ein großes Anliegen, diesen Verlust für die Betroffenen wenigstens halbwegs ausgleichen zu können – ein noch ungelöstes Problem.

Statt Alte gegen Junge auszuspielen, wollen wir also ein solidarisches Miteinander stärken. Das könnte, bei aller Bedrohung durch die gegenwärtige Krise, mittel- und langfristig ein Gewinn für uns alle sein. Wir wünschen Ihnen: Trotz aller notwendigen Einschränkungen jetzt auch im persönlichen Bereich: kommen Sie gut durch die nächsten Wochen!

Ingeborg Höhne-Mack

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ANTRÄGE

Verpackungssteuer: Einnahmen sinnvoll verwenden

Antrag der SPD-Fraktion vom 21. Januar 2020:

Für die Unterstützung bei der Einführung eines Mehrweggeschirr-Systems für von der Verpackungssteuer künftig betroffene Gastronomiebetriebe werden von der Stadt Tübingen im Haushalt 2020 50.000 € bereitgestellt.

Begründung:
Neben der für die Betriebe (und die Konsument*innen!) negativ sanktionierenden Wirkung durch die Verpackungssteuer sollte es auch einen positiven Anreiz für ihren möglichst schnellen Umstieg auf Mehrweggeschirr-Systeme geben. Dieser wäre durch einen pro Betrieb einmalig zu beantragenden Zuschuss für die Anschaffung eines Mehrweg-Systems gegeben.

Die Hauptziele im Zusammenhang mit der Einführung der Verpackungssteuer sind die Müllvermeidung bzw. Verminderung der Vermüllung der Stadt und damit auch die Verringerung des Arbeitsaufwandes für die städtischen Bediensteten, nicht die Erzielung von zusätzlichen Einnahmen für den städtischen Haushalt. Nichtsdestoweniger sind solche Mehreinnahmen nach Aussagen der Verwaltung (bzw. aufgrund des vorgelegten Rechtsgutachtens) zu erwarten. Diese Mehreinnahmen sollten nach unserer Auffassung u.a. auch für die Beschleunigung der Umstellung auf Mehrweggeschirr-Systeme in den von dieser Steuer künftig betroffenen Gastronomiebetrieben verwendet werden.

Dass es solche Systeme gibt bzw. dass sie ständig weiterentwickelt werden, hat sich auf der kleinen Anbietermesse erwiesen, die im letzten November durch die Stadtverwaltung initiiert wurde.

Für die SPD-Fraktion:
Ingeborg Höhne-Mack

Dazu der Bericht des Tagblatts vom 25.01.2020.

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AKTUELLES

Barrieren abbauen!

Im letzten Jahr haben uns viele Themen beschäftigt. Zum Start des neuen Jahres haben wir uns sechs davon herausgesucht. In unserer Beitragsreihe werfen wir einen Blick zurück auf die Fortschritte des letzten Jahres und nach vorne auf das, was es noch anzupacken gilt. 

Weiter geht es darin heute mit einem Beitrag unserer Stellv. Fraktionsvorsitzenden Ingeborg Höhne-Mack:


„Teilhabe und Barrierefreiheit konsequent weiter umsetzen“ heißt der Leitsatz zum Bereich Inklusion in unserem Kommunalwahlprogramm. Dem wollen wir gerecht werden, zum Beispiel durch die Verbesserung der Situation in der Altstadt. Bei einem von der Fraktion initiierten Rundgang mit Betroffenen und Mitgliedern der Stadtverwaltung sind wir im November nachdrücklich darauf hingewiesen worden, an wie vielen Stellen Rollstuhlnutzer*innen weiterhin Gefahr laufen zu scheitern, weil das Kopfsteinpflaster, besonders in steileren Gassen, zu rutschig ist. Dabei ist man mit dem Rollstuhl manchmal noch besser dran als mit dem Rollator, der noch viel kippeliger ist. Für eine barrierefreie Querung des Marktplatzes haben wir bereits einen Antrag gestellt, aber letztlich brauchen wir ein Konzept, wie die gesamte Altstadt systematisch barrierefrei zugänglich wird. Das bisherige Motto der Verwaltung: „Wir pflastern neu, wenn die Stadtwerke gerade Leitungen verlegt haben und deswegen der Straßenbelag sowieso aufgerissen wurde!“, reicht in einer alternden Gesellschaft (auch in Tübingen!!) nicht mehr aus. Dazu kommen die teils verwirrenden, teils unzureichend ausgeführten Leitstreifen und Ampelkennzeichnungen für blinde und sehbehinderte Menschen – hier wurde deutliche Kritik laut, auch hier wollen wir als SPD-Fraktion schnelle Veränderungen erreichen. Funktion = Nutzung der Altstadt für alle durch gefahrlos nutzbare Wege muss vor Ästhetik = Konservierung des bisherigen Zustandes gehen.

Es ist jetzt schon ein paar Jahre her, dass sich die SPD vor Ort und im Land für die Schaffung von drei Gemeinschaftsschulen in Tübingen eingesetzt hat. Kinder und Jugendliche mit unterschiedlichen Behinderungen/Beeinträchtigungen profitieren seit Jahren davon, dass diese Schulen qua Gesetz  inklusiv arbeiten. Denn die Möglichkeit zum gemeinsamen Lernen ist eine eigentlich unabdingbare Voraussetzung für spätere Teilhabe und ein selbstverständliches und respektvolles Miteinander aller Menschen in dieser Stadt. Während die Stadt bei der schulischen Inklusion immer wieder Vorreiter ist (z.B.  bei angemessenen Rahmenbedingungen für die Schulbegleitung), kann man das von der grün-schwarzen Landesregierung nicht behaupten. Lehrkräfte in Klassen, in denen gemeinsamer Unterricht stattfindet, erhalten keine Nachlassstunden für das Mehr an Absprachen und es gibt zu wenig Fortbildungen; generell ist die Inklusionspädagogik, ist  der Umgang mit Heterogenität  nach wie vor Stiefkind in der Lehrerbildung, obwohl das Thema auch mit Blick auf die Kinder von Geflüchteten und deren Schulerfolg von wachsender und bleibender Bedeutung sein wird.

Die Teilhabe von Kindern und Jugendlichen an Kultur, Sport und anderen Freizeit-Angeboten scheitert aber häufig auch am geringen Einkommen der Eltern. Nur zwei Beispiele sollen zeigen, woran wir da bereits wieder erfolgreich gearbeitet haben: Auf unseren Antrag hin wurde die Eintrittsgrenze für die Schwimmbäder von 4 auf 6 Jahre hochgesetzt, die Bonuscard-Vergünstigungen werden immer stärker angenommen. 

Um Teilhabe in allen Lebensbereichen geht es bei der bereits begonnenen Veranstaltungsreihe zu „10 Jahre Erklärung von Barcelona“, der Selbstverpflichtung der Stadt zu Barrierefreiheit und Inklusion einschließlich des 2009 auf Initiative der damaligen  SPD-Fraktion erarbeiteten Handlungskonzeptes „Barrierefreie Stadt Tübingen“. Dies soll nach 10 Jahren grundlegend evaluiert und fortgeschrieben werden; die Betroffenen selbst sollen dabei noch sehr viel mehr als bisher in diesen Prozess mit einbezogen werden. Der interfraktionelle Antrag zur Überarbeitung des Handlungskozeptes basiert auf unserer Initiative. Ein zweiter Schwerpunkt ist die Schaffung weiterer Arbeitsplätze auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt – bei derzeit 11 % Arbeitslosenquote von Menschen mit Behinderungen ist das ein unverändert wichtiges Thema.

Die gerade erschienene Broschüre zeigt die große Bereitschaft ganz vieler Organisationen und Initiativen in dieser Stadt, sich an der Schaffung einer inklusiven Stadtgesellschaft zu beteiligen.

Besonders gut wird dies auch am Freitag, 27. März 2020 in einem großen Festakt im Sparkassen Carré sichtbar werden. Dort feiern wir das in 10 Jahren Erreichte. Alle sind dazu eingeladen!!

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LESERBRIEFE

Zur Diskussion um den Stadtteiltreff Hirschau: Fakten im Hintergrund

Leserbrief im Schwäbischen Tagblatt vom 12.11.2019

Ingeborg Höhne-Mack

Über dem in den bisherigen Leserbriefen völlig zu Recht ausgedrückten Ärger und Unverständnis über die ebenso leichtfertige wie letztlich diskriminierende Aussage des OB („Man kann doch auch mal jemanden die Treppe hochtragen!“) geraten die Fakten in den Hintergrund.

Der Stadtteiltreff selbst, der hier im alten „Ratsstüble“ entstehen soll, befindet sich im Erdgeschoss. Er wird barrierefrei zugänglich und nutzbar sein – eine Behindertentoilette wird eingebaut. Anders hätten die KUBIS-Ausschuss-Mitglieder der Gewährung eines Zuschusses auch gar nicht zustimmen können, denn Barrierefreiheit ist eine zentrale Voraussetzung für die Genehmigung neuer Stadtteiltreffs. Nicht barrierefrei ist (bisher) der angedachte zukünftige „zentrale Treffpunkt“ im ersten Stock des mittelalterlichen Gebäudes, dort, wo früher auch eine Kneipe war.

Was/wie wurde zu diesem Problem im KUBIS diskutiert? Eine Ablehnung des Zuschusses hätte einen Quartiersentwicklungsprozess abrupt gestoppt, der von breiter und produktiver Beteiligung der Hirschauer Bürgerschaft geprägt war und dessen Ziele ganz viel mit Teilhabe zu tun haben. Viele der aus diesem Prozess heraus entwickelten Projekte brauchen aber auch dieses Haus, die dort verfügbaren Büros und natürlich den eigentlichen Stadtteiltreff zur Umsetzung. Deswegen hat der Ausschuss gesagt: spätestens 18 Monate nach der Eröffnung wird überprüft, ob die neue Dorfkneipe angenommen wird. Ist dies der Fall, muss Barrierefreiheit geschaffen werden.

Ingeborg Höhne-Mack

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ANTRÄGE

Versuchsweise Sperrung der Mühlstraße

Antrag der SPD-Fraktion vom 29. August 2019

Die Verwaltung spricht in Vorlage 533a von ca. 5000 Fahrzeugen, die täglich die Mühlstraße durchqueren und dann die Wilhelmstraße nutzen, um entweder Richtung Kliniken (Gmelinstraße), Richtung Wanne (Goethestraße) oder Waldhäuser-Ost (Nordring) weiterzufahren.

1. Vor der Versuchsphase ist deswegen sicherzustellen, dass durch Befragungen heraus-gefunden wird, wo (innerhalb oder außerhalb der Kernstadt) diese Fahrzeuge herkommen und was ihr Ziel ist (vgl. den Forderungskatalog des OBR Lustnau).

2. Die Verlagerung des MIV wird sich nicht nur auf Lustnau, sondern naturgemäß auch auf die Weststadt auswirken. Bereits vor dem Versuch reagiert die Verwaltung auf die zu erwartende Zunahme des Verkehrs (geschätzt ca. 2000 Fahrzeuge), die nicht nur die Westbahnhofstraße und die Herrenberger Straße, sondern auch die Rheinlandstraße und den Hagellocher Weg belasten werden, indem sie a) entsprechend dem Haushaltsbeschluss 2019 einen Blitzer in der Rheinlandstraße und/oder im Hagellocher Weg aufstellt und b) für die gesamte Länge des Hagellocher Weges Tempo 30 anordnet.

3. Zählungen und Befragungen finden auch in der Gartenstraße statt, um einem neuen möglichen Schleichweg hier auf die Spur zu kommen.

4. Die Verwaltung präzisiert ihre Aussagen zur Kontrolle der Befolgung der verkehrsrechtlichen Anordnungen durch das Nennen konkreter Zahlen („wird die Verwaltung intensiv mit eigenen Kräften beobachten und kontrollieren“, S.6 Vorl.533a).

5.Die Verwaltung legt dar, wie sie sich die Fortführung eines gesicherten Radverkehrs (ausreichend breiter Fahrradstreifen) von der Mühlstraße her in der Wilhelmstraße vorstellt.

Für die SPD-Fraktion

Ingeborg Höhne-Mack

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MITTWOCHSPALTEN

(Kein) Spaß beim Radfahren

Seit ich ein Pedelec besitze macht mir Radfahren wieder Spaß, einschließlich der steilen Anstiege auf die Wanne, meinem Wohngebiet. Was kennzeichnet die heutige Situation als Radfahrerin in Tübingen? Das wichtigste ist: man/frau muss jede Sekunde aufmerksam sein, wirklich jede. Ob Rüpelradler, aufs Handy starrende Fußgänger oder meine Vorfahrt missachtende Autofahrer – all das ist gefährlich.

Mindestens ebenso viel Aufmerksamkeit muss ich jedoch den Straßenverhältnissen widmen. Tübingen ist nicht Kopenhagen. Die Mehrzahl der Straßen ist und bleibt relativ eng. Radfahrende sind deswegen darauf angewiesen, den Straßenraum zu nutzen – aber was bedeutet das? Mein Beispiel ist – nein, nicht die Mühlstraße, sondern die Mörikestraße, eine der „offiziellen“ Abfahrtsrouten aus der Nordstadt in Richtung Uni oder Zentrum. Der Zustand des Straßenbelags ist ebenso desolat wie die Situation für Radfahrende als solche: Parkende Autos rechts und links und ein merkwürdiges Streifenmuster rechts. – Wo/wie soll ich eigentlich fahren?

Und warum schaffen es die Firmen nicht, die nach der ebenso notwendigen wie häufigen Verlegung von Leitungen durch die Stadtwerke den Straßenbelag reparieren, die Fahrbahn wieder eben herzustellen? – Stattdessen gleichen die Engelfriedshalde oder weite Teile der Gmelinstraße einer Buckelpiste. Wie konsequent und regelmäßig kontrolliert die Stadtverwaltung die sachgemäße Ausführung solcher Reparaturen? – Zweifel sind erlaubt.

Fazit: Fahrradfallen und unklare Situationen wie die hier beschriebenen sind leider allzu häufig in Tübingen. Wenn also mehr (und auch mehr ältere) Menschen aufs Rad als „ihr“ Hauptverkehrsmittel (um)steigen sollen, müssen auch die für das Erreichen des Zentrums wichtigen Straßen ohne Extra-Radweg in einen akzeptablen Zustand versetzt werden.

Denn die jetzt geplanten wesentlichen Verbesserungen für schnelleres und sichereres Radfahren in Tübingen, z.B. die drei Radbrücken und die Einrichtung weiterer Fahrradstraßen, all das muss flankiert werden durch die oben genannten Maßnahmen. Das ist mühsame (Verwaltungs-)Arbeit – aber die Ernsthaftigkeit eines umfassenden Radwegekonzepts für Tübingen und die Teilorte muss sich auch am konsequenten Abarbeiten solcher Sanierungsrückstände messen lassen. Die SPD-Fraktion wird sich dafür einsetzen.

Ingeborg Höhne-Mack