Die Bürgerinitiative Weststadt hat der SPD-Fraktion sogenannte Wahlprüfsteine vorgelegt. Sie will wissen, wie wir die sehr spezifischen Probleme der Weststadt beurteilen und hat uns dazu einen Fragenkatalog vorgelegt. Er ist hier nicht abgedruckt, erschließt sich aber aus den nachfolgenden Ausführungen.
So haben wir geantwortet:
Sehr geehrte Damen und Herren,
liebe Engagierte der Bürgerinitiative Weststadt,
wir bedanken uns für Ihr Schreiben, mit dem Sie uns Ihre Wahlprüfsteine vorlegen.
In der Tat dürfen Sie erwarten, dass die Parteien und Gruppierungen, die die Bürgerschaft im Tübinger Rat vertreten, Stellung beziehen zu den vielfältigen Problemen und Anliegen, die die Bürgerinnen und Bürger der Stadt in den verschiedenen Quartieren und Stadtteilen belasten und bewegen.
Die Weststadt ist ein großer, bevölkerungsreicher Stadtteil, der unter städtebaulichen Defiziten leidet. Offenkundig ist die Belastung durch den Straßenverkehr. Er beeinträchtigt nicht nur die Lebensqualität naher und fernerer Anwohner der Hauptverkehrsstraßen, er erschwert auch eine aufwertende Gestaltung des Gesamtquartiers. Die Aufwertung der Weststadt ist und bleibt eine Herausforderung.
Zu 1. – Verkehrskonzeption
Die SPD-Fraktion teilt die Einschätzung der BI Weststadt zur Verkehrsableitung an der B 28 insbesondere hinsichtlich einer Umlenkung des Berufsverkehrs mit Ziel Kliniken / Morgenstelle. Hier ist Fantasie, Kreativität und Tatkraft gefragt. Die BI nennt u.E. die richtigen Stichworte: Verbesserung des ÖPNV, Park & Ride, Fahrradmitnahme. Wir werden die Verwaltung auffordern, ggfls. mit externem Sachverstand Lösungsmöglichkeiten zu entwickeln. Es muss ein größerer Teil des Verkehrs über den Hagellocher Weg abgewickelt werden.
Sperrung Mühlstraße
Ein herausragendes Stichwort heißt Sperrung oder Nichtsperrung der Mühlstraße.
Eindeutig: Die Tübinger SPD spricht sich gegen eine Sperrung der Mühlstraße auf Kosten der Weststadt (und von Lustnau) aus.
Im Programm zur Gemeinderatswahl am 7. Juni heißt es hierzu wörtlich:
„Bei der Umlenkung von Verkehrsströmen sind die Folgen zu bedenken. Gewonnene Vorteile in entlasteten Bezirken dürfen nicht zu einseitigen und unbilligen Benachteiligungen der Bürgerinnen und Bürger in anderen Quartieren führen. Deshalb spricht für uns derzeit alles gegen Überlegungen, die auf eine Sperrung der Mühlstraße auch in Süd-Nord-Richtung zielen. Das zu solchen Überlegungen gefertigte Verkehrsgutachten zeigt, was wir befürchtet haben: Die Belastung der Weststadt würde jedenfalls ohne zusätzliche, die Weststadt entlastende Maßnahmen empfindlich zunehmen. Dies ist den dortigen Bewohnern nicht zuzumuten. Sie brauchen Entlastung und keinen zusätzlichen Verkehr.“
Die SPD sieht zwar auch die Vorteile, die mit einer Sperrung der Mühlstraße verbun¬den wären. Insbesondere würde eine Beruhigung des Bereichs zwischen dem Zin¬serdreieck und der Wilhelmstraße eine Aufwertung des östlichen und südlichen Alt¬stadtrands, des Platzes am Lustnauer Tor und der Wilhelmstraße ermöglichen. Inakzeptable Nachteile für die Weststadt – und für Lustnau – würden aber die Vorteile eindeutig überwiegen. Deshalb lehnen wir die Sperrung der Mühlstraße solange ab, bis der allseits akzeptierte Nachweis erbracht ist, dass auch die Weststadt entlastet wird.
Schließlich will die Tübinger SPD, dass das Problem der Verkehrsführung und der Verkehrsberuhigung auch mit Blick auf die Gestaltung des öffentlichen Raums in einem breiten Beteiligungsprozess diskutiert wird. Wir können uns vorstellen, dass am Ende ein Bürgerentscheid steht.
Konkrete Maßnahmen
Die Frage nach konkreten Maßnahmen zu einer Beruhigung und zu einer neuen Lenkung des Verkehrs ist nicht leicht zu beantworten. Ob etwas zu tun ist, ist nicht die Frage. Es geht um das Wie. Die Umlenkung zu den Kliniken und der Morgen¬stelle sind angesprochen, ebenfalls Stärkung und Ausbau des ÖPNV. Manches hängt von der Topographie der Stadt ab. Wir stellen uns vor, einen neuen Anlauf zu nehmen und die Erarbeitung von Konzepten in Auftrag zu geben und dabei mit den Engagierten und Kundigen vor Ort zusammenzuarbeiten.
Was unseres Erachtens aktuell unbedingt gemacht werden muss und gemacht werden kann, ist die Sperrung der Herrenberger Straße für den Durchgangsverkehr.
In diesem Zusammenhang betrachtet die SPD aber die zuletzt ins Gespräch gebrachte Abwicklung des Verkehrs im Abschnitt rund um die Kreuzungen Rapp- und Belthlestraße mit Skepsis. Die Aufgabe des Rundum-Ampelgrüns für Fußgänger und hier vor allem für die vielen Schulkinder zugunsten eines raschen Durchschleusens des Autoverkehrs erscheint uns als Rückschritt. Gerade mit der Ampelschaltung war seinerzeit der bescheidene Versuch unternommen worden, die Gewichte zugunsten der schwachen Verkehrsteilnehmer zu verschieben.
Verkehrszählung
Muss sein! Nach unserer Kenntnis hat die Verwaltung eine neue Zählung während der anstehenden Sperrung der Mühlstraße ohnehin vorgesehen.
Zu 2. – Ammerbegleitweg
Dass mit einem Ammerbegleitweg die Ammer-nahen Quartiere (und nicht nur diese) aufgewertet würden, ist keine Frage. Die BI hat die Vorteile einleuchtend beschrieben, hinzuzufügen ist da nichts. Nach unserer Kenntnis soll es sich übrigens nicht so verhalten, dass der Eigentümer sich gegen einen provisorischen Ammerübergang wendet.
Anzumerken ist, dass die SPD es besser gefunden hätte, wenn das sogenannte Steinhilber-Gelände unter Einbeziehung der angrenzenden Räume in einem Wettbewerbsverfahren oder in einem Verfahren der Mehrfachbeauftragung beplant worden wäre. In einem appellativen Kraftakt hatte die SPD-Fraktion im letzten Moment die von der Verwaltung vorangetriebene und jetzt noch gültige Planung in Frage stellen wollen. Dies ist knapp gescheitert. Der Weststadt hätte mehr Planungssorgfalt gut getan.
Zu 3. – Verdichtung im Schleifmühleweg und auf dem Majer-Gelände
Auch hier hat die BI eine etwas unbefriedigende Entwicklung beschrieben. Angestrebt wurde von Verwaltung und Gemeinderat ursprünglich eine mehr und besser gestaltete Flächenaufteilung. Das Grün und die Wegebeziehungen treten nicht mehr allzu sinnfällig in Erscheinung.
Was die Dichte der Bebauung betrifft, kann man streiten. Auch wir meinen, etwas weniger wäre mehr gewesen. Auf der anderen Seite handelt es sich um ein innnenstadtnahes Quartier, das unter verschiedenen Aspekten grundsätzlich einer dichten Bebauung zugänglich sein darf. Von der Südstadt wissen wir, dass dichte Bebauung durchaus mit Lebensqualität einhergehen können. Es kommt freilich auf Planung und Gestaltung an, auf die Anschlüsse an die Umgebung, auf Nutzungsmischungen, auf die Erreichbarkeit von Ruhe- uns Erholungsräume.
Wir meinen und hoffen, dass bei allen nachvollziehbaren Vorbehalten am Ende ein lebendiges Wohnquartier entstehen kann, dass die Weststadt zeitgemäß ergänzt.
Sehr geehrte Damen und Herren, liebe BI, wir hoffen, mit diesen Einschätzungen ihre Fragen beantwortet zu haben, auch wenn im Einzelnen noch viel zu sagen wäre.
Bereits in den letzten Jahren haben wir Projekte für die Weststadt auf den Weg gebracht: Das Kleinspielfeld, die Sanierung der Aischbachschule, die Schulneubauten für die Albert-Schweizer-Realschule die Hauptschule Innenstadt und das Kinderhaus.
Wir würden gerne im Gespräch bleiben und bitte Sie, uns bei allen Belangen der Weststadt frühzeitig anzusprechen. Auf unserer Liste kandidieren eine ganze Reihe von Bürgerinnen und Bürgern aus der Weststadt.
Dass wir für Rücksprachen zur Verfügung stehen, ist selbstverständlich.
Mit freundlichen Grüßen
Thomas Volkmann
(Ortsvereinsvorsitzender)
Dr. Martin Rosemann
(Fraktionsvorsitzender)