Tübingen, 08.05.2009
Kulturnetz und Runder Tisch Kultur haben vor den Kommunalwahlen am 7. Juni der SPD-Fraktion eine Liste Kulturpolitischer Fragen vorgelegt. Wir sind gerne darauf eingegangen und haben versucht, diese Fragen zu beantworten.
Es wird wesentlich darauf ankommen, mit dem Runden Tisch und dem Kulturnetz im Gespräch zu bleiben und sowohl die Fragen, als auch die Antworten weiterzuentwickeln.
Im Folgenden unsere Stellungnahme. Wir haben uns an dem von den Fragestellern vorgelegten Raster orientiert.
Kulturpolitische Fragen von Kulturnetz und Rundem Tisch Kultur an die Tübinger Gemeinderatsfraktionen
1. Bedeutung und Stellenwert
Wie beurteilen Sie den kulturellen Stellenwert Tübingens in der Region?
Tübingen hat naturgemäß einen hohen kulturellen Stellenwert in der Region. Die alte Universitätsstadt mit ihrer kulturellen Tradition bietet Anregungen und ein ideales Umfeld für Kreativität von Künstlern und Kulturschaffenden.
Die Originalität und Vielgestaltigkeit der Tübinger Kulturszene spricht für sich. Es ist aber nicht zu verkennen, dass zumindest in den Städten des Umlands, der Region ebenfalls eine Szene entstanden ist, die teilweise noch zu entdecken ist und mit der es gilt Kontakt zu nehmen und zu halten gilt.
Der Stellenwert Tübingens ist auch deshalb ein hoher, weil es in einer Uni-Stadt ein der Kunst und Kultur aufgeschlossenes Publikum gibt, darunter die vielen Stu¬dierenden.
Welchen Stellenwert hat die Kultur in Tübingen für das Stadtmarketing und die Stadtentwicklung?
Das kulturelle Leben einer Stadt prägt jedenfalls dann, wenn es Größe und Vielfalt wie in Tübingen aufweist, auch das Image der Stadt. Das sollte dann auch für die Außenwirkung herausgehoben und für die Stadtentwicklung nutzbar gemacht werden. Besucher werden angezogen. Tübingen ist damit auch ein attraktiver Ort für Ansiedlungen von Betrieben. Eine lebendige Kulturszene ist auch ein Standortfaktor.
Im Klaren muss man sich wohl sein, dass die „aufregenden“ Orte die Gro߬städte sind. Aber eine Stadt wie Tübingen mit einer alten Universität und gelegen in einer Kulturlandschaft ist von Kultur (mit-) geprägt. Das ist ein Pfund, mit dem zu wuchern ist.
2. Inhalte und Ziele
Was sollte in der Kultur in Tübingen in 5 Jahren erreicht sein?
• Die Vernetzung der Tübinger Kultureinrichtungen funktioniert stabil.
• Es gibt eine marketingrelevante Kulturkonzeption, die ein unverwechselbares Tübingen-Profil herausgearbeitet hat.
• Kriterien für die Kulturförderung sind entwickelt, transparent und allseits akzeptiert.
• Tübingen hat adäquate Veranstaltungsräume.
• Menschen mit einer Zuwanderungsgeschichte haben mehr Möglichkeiten sich kulturell zu entfalten und die Tübinger Kulturszene zu bereichern.
• Veranstaltungen wie die Kulturnacht und das Bücherfest etc. sind dauerhaft etabliert und gesichert.
• Es gibt wieder eine Sommeruniversität mit überregionaler Aufmerksamkeit.
• Es gibt ein Tübinger Sommertheater auf hohem Niveau mit überregionaler Aufmerksamkeit.
Haben Sie inhaltliche Schwerpunkte für die Kulturpolitik in Tübingen?
• Diese Schwerpunkte wären zusammen mit der Kulturamtschefin, den Kulturschaffenden, dem Gemeinderat und vielleicht auch mit externer Be¬ratung, mit unverstelltem Blick also, zu entwickeln. Eine lokale Kulturszene muss der Gefahr aus dem Wege gehen, durch Verharren im Überkommenen provinziell zu werden. – Hin und wieder Lüften!
• Ein Tübinger Kulturprofil muss unverwechselbar sein. Da reicht nicht der Verweis auf die einmalige Vielfalt.
Welches sind Ihre 3 Top-Themen oder Projekte?
• Erarbeitung eines Profils (s.o.) !!!
• Stärkung des soziokulturellen Sektors
• Die reiche Kultur der Zuwanderer integrieren
(Plus Sommeruni plus Sommertheater; das ist auch Stadtmarketing!)
3. Anerkennung für Kulturschaffen
Welche Bereiche in der Tübinger Kulturlandschaft sollten Ihrer Meinung nach mehr
Aufmerksamkeit und Anerkennung erhalten?
• Kulturelle Angebote für Kinder und Senioren
• Integrationsarbeit
• Das Heranführen von Kindern und Jugendlichen an die bildende Kunst. Im Bereich der musikalischen Erziehung wird viel getan. Die sicher vorhandenen bildnerischen, gestalterischen Begabungen müssen ebenfalls geweckt und gefördert werden.
• Lesekultur
Haben Sie Ideen für die Stärkung der Anerkennungskultur im Kulturbereich? Welche?
• Hingehen, sich überraschen lassen; Künstler und Kulturschaffende leben wesentlich auch vom Applaus.
• Erfahrungen der Kulturschaffenden ernst nehmen und würdigen
• Verlässliche Förderung – Verträge mit den großen Trägern
• Möglicherweise ein besonderes Event, zu dem die Stadt einlädt
• Unterstützung und Information bei organisatorischen Problemen
Ideen für die Stärkung der Anerkennungskultur sollten im Übrigen kreativ im freien Gespräch mit allen, denen daran gelegen ist, entwickelt werden.
4. Zusammenarbeit
Wie stellen Sie sich das Zusammenspiel von Kulturamt, Kulturnetz Tübingen e.V. und Runder Tisch Kultur vor?
• Die Kulturamtschefin nimmt (wie bisher) an allen Sitzungen teil.
• Werbung für eine Mitgliedschaft im Kulturnetz e.V.
• Die Zügel nicht zu stramm anziehen. Freiräume lassen, Angebote machen.
• Wir trauen den Beteiligten zu, selbst passende Regeln des Zusammenwir¬kens zu finden.
Planen Sie eine strukturelle Einbindung Kulturschaffender in die Arbeit des KUSS?
Nein. Der Gemeinderat muss sich interessieren und zuhören, hier insbesondere der KUSS. Es ist aber alles zu vermeiden, was nach Kulturbürokratie und Kulturaufsicht riecht. Kunst muss sich autonom betätigen und entfalten können.
Der Gemeinderat hat freilich die Pflicht, auf wirtschaftliche Verwendung von Zuschüssen zu achten. Das Entsenden von Mitgliedern der Verwaltung und des Gemeinderats in Kulturvorstände und dergleichen muss die Ausnahme sein.
(Das doppelte Engagement in den Bereichen der Kultur und der Politik bleibt freilich unberührt und unbenommen.)
Kulturschaffende sollten regelmäßig Gelegenheit haben, sich und ihre Anliegen dem KUSS vorzustellen, über ihre Arbeit zu berichten. Das muss nicht im Ratssaal erfolgen.
Wünschenswert wären also Kennenlernen und wechselseitige Wertschätzung.
Wird Ihre Fraktion regelmäßig an den Sitzungen des Runden Tisches Kultur teilnehmen?
Ja
5. Finanzmittel
Wieviel Prozent des städtischen Etats sollte für Kultur ausgegeben werden?
Von der zur Verfügung stehenden Finanzmasse aus den Haushaltseinnahmen des Jahres 2009 gingen 8% in die Kultur. (8,4 Mio Euro von 103 Mio Euro)
Das ist ein hoher Prozentsatz. Wir wollen, dass wir das so halten und fortschreiben können.