Antrag der SPD-Fraktion vom 8. Dezember 2014
„Entwicklungsbereich“ Waldhäuser-Ost? – Erneuerungsstrategien für einen in die Jahre gekommenen Stadtteil.
Mehr als 40 Jahre nach Baubeginn für einen der größten Stadtteile Tübingens ist die Situation auf Waldhäuser-Ost von mehreren negativen Entwicklungen gekennzeichnet:
1. Sogenanntes Downgrading im Bereich des Einkaufszentrums WHO durch jahrelangen Leerstand von Läden,
2. Bedrohung der Nahversorgung für ca. 11.000 Menschen, wenn infolge mangelnder Zukunftsperspektiven auch die beiden Supermärkte dort geschlossen werden sollten,
3. wachsende Unzufriedenheit mit dem baulichen Zustand der eigentlichen Mitte des Stadtteils, d.h. des Platzes auf der oberen Ebene des Einkaufszentrums, sowie dem Zustand des öffentlichen Raums in vielen Bereichen auf WHO, die für viele Bewohner/innen nicht nur unattraktiv, sondern auch als unsicher erscheinen,
4. eine durch den demografischen Wandel ins Ungleichgewicht geratene Bevölkerungsstruktur.
Deshalb stellen wir folgenden Antrag:
Die Verwaltung erarbeitet eine ‚Strategie Waldhäuser-Ost 2020‘, d.h. ein Handlungskonzept kurz-, mittel- und langfristiger Maßnahmen zur Erneuerung des Stadtteils.
Diese Strategie wird in kontinuierlicher Zusammenarbeit mit den direkt Beteiligten, mit interessierten Bürger/innen auf WHO, d.h. insbesondere dem Stadtteiltreff, sowie den Vertretungen anderer Institutionen im Stadtteil entwickelt und rückgekoppelt. Die Verwaltung nutzt dabei alle ihr zur Verfügung stehenden Datenquellen, vor allem die sozialraumorientierten Erhebungen im Zusammenhang mit der Erstellung der Sozialkonzeption, um Bedarfe möglichst zielgenau erfassen, prognostizieren und umsetzen zu können.
Wesentliche Ziele sind dabei sind
• die Neugestaltung des Einkaufszentrums entsprechend heutigen Erfordernissen, ggfls. auch mit neuen Nutzungen,
• die Neugestaltung des zentralen Platzes, so dass eine wirkliche „Mitte“ mit echter Aufenthaltsqualität entsteht – soweit sinnvoll – auch durch temporäre Maßnahmen,
• die Befriedigung heutiger Bedürfnisse bezüglich weiterer Angebote der Infrastruktur im Stadtteil, u.a. unter Berücksichtigung des demografischen Wandels, also insbesondere Angebote für alte und hochbetagte Menschen,
• eine allmähliche Korrektur der Schieflage in der Zusammensetzung der Bevölkerung auf Waldhäuser-Ost, die durch einen sehr hohen Anteil an alten Menschen und eine zu geringe Anzahl an Jüngeren, vor allem aber auch an Familien gekennzeichnet ist, durch alle denkbaren Maßnahmen der Wohnberatung, des Wohnungstausches, usw., ggfls. auch durch eine maßvolle Schaffung von neuem Wohnraum,
• die Berücksichtigung der Bedarfe von am Wohnungsmarkt benachteiligten Gruppen, damit u.a. auch Menschen mit Handicaps mehr als bisher in diesem Stadtteil ihr Zuhause finden können,
• die Verbesserung des Wohlbefindens der Bewohner/innen durch Maßnahmen zur Ver-besserung der Beleuchtung auf den Wegen im Inneren des Stadtteils sowie zur Schaffung von mehr Barrierefreiheit für mobilitätseingeschränkte Personen.
Um die Kosten für Sofortmaßnahmen im öffentlichen Raum und den Einstieg in Planungsprozesse zu decken, wird in den Haushalt 2015 ein Topf in Höhe von 80.000 € eingestellt.
Begründung:
Waldhäuser-Ost ist ein Stadtteil, der im Prinzip beste Voraussetzungen für das Wohnen und gemeinsame Leben unterschiedlicher Gruppen von Bewohnern besitzt. Gerade auch für Familien ist er eigentlich sehr attraktiv durch die Vielzahl von Schulen, Freizeitmöglichkeiten incl. Sporthallen und -plätzen, das Hallenbad, durch die Nähe zum Wald und zu Waldhausen sowie die fantastischen Busverbindungen. Der Wohnungsbestand bietet eine Fülle von großen Wohnungen, die allerdings durch die kollektiven Alterungsprozesse im Stadtteil häufig nur noch von einer, max. 2 Personen bewohnt werden.
Auf die veränderte Zusammensetzung der Bevölkerung müsste auch mit entsprechenden Angeboten der Infrastruktur reagiert werden, z.B. stellt sich die Frage nach Angeboten für „Wohnen im Alter“. Gleichzeitig sollten sich auch jüngere Leute „bedacht“ fühlen, etwa durch ein Café oder kulturelle Angebote.
Am dringendsten erscheint es jedoch derzeit, eine Lösung für den Stillstand bezüglich der Zukunft des Einkaufszentrums zu finden. Jahrelanger Streit unter den Eigentümern konterkarierte bisher, trotz vielfältiger Versuche auch seitens der Stadtverwaltung, alle Initiativen, dieses Zentrum so umzugestalten, dass eine heutigen Ansprüchen genügende Nahversorgung gesichert werden kann.
Auch durch die Nähe zum Studentendorf und dessen seit jeher aus vielen Nationen stammender Einwohnerschaft ist WHO als Stadtteil immer ein Vorbild an Multikulturalität gewesen. Dies spiegelt sich u.a. in den Integrations- und „diversity“-Konzepten von Kitas und Schulen wieder. Inklusion ist hier schon seit mehr als 20 Jahren ein Thema.Auch wenn sie in die Jahre gekommen sind, so gibt es doch auf WHO einen hohen Anteil aktiver Bürger/innen, die sich für das Gemeinwohl engagieren und auch für ihren Stadtteil weiter engagieren möchten. Aber sie stoßen auf rechtliche, bauliche und finanzielle Grenzen und Barrieren, die sie allein nicht überwinden können. Deswegen ist es jetzt höchste Zeit für einen umfassenden und nachhaltigen Ansatz zur grundsätzlichen Verbesserung der Situation vor Ort, kurz gesagt, für eine Strategie Waldhäuser-Ost 2020.
Für die SPD-Fraktion
Ingeborg Höhne-Mack