MITTWOCHSPALTE VOM 05. NOVEMBER 2014
Timbuktu, Hope, Eau argentée- Syrie autoportrait. Drei Filme, mit denen uns das französische Filmfestival vor Augen geführt hat, wie der Wunsch zu fliehen entsteht, wenn Unterdrückung zu groß wird, wie grausam die Flucht durch Afrika ist, bis man überhaupt ein Schiff erreicht, wie grauenvoll der Krieg in Syrien ist, der Millionen Menschen zu Flüchtlingen gemacht hat. Deshalb ein großer Dank an das Filmfestival, das diese aktuellen, hochpolitischen Filme gezeigt hat.
Letzten Samstag erst ist das italienische Projekt Mare Nostrum beendet und durch das EU-Projekt Triton ersetzt worden. Auf Rettung hoffen kann nur noch, wer es in die 30-Meilen-Zone geschafft hat. Der Flüchtlingsstrom wird nicht abreißen.
Was können wir tun? Die Landeserstaufnahmestelle (LEA) Karlsruhe/Mannheim ist schon überbelegt, das Land sucht dringend nach Standorten für weitere LEAs. Wäre es nicht richtig, wenn in den vier Regierungsbezirken jeweils eine Aufnahmestelle eingerichtet würde? Von dort könnten die Menschen in die Erstunterbringung vermittelt werden (Kreiszuständigkeit).Wenn der Status der Asylberechtigung einmal erreicht ist, folgt die sogenannte Anschlussunterbringung (Gemeindezuständigkeit).
Tübingen ist im Gespräch für eine Aufnahmestelle. Der Platz hinter dem Landratsamt, auf dem der Kreis aktuell Plätze für 96 Menschen baut, wäre wohl fürs erste groß genug. Es hat sich gezeigt, dass die Tübinger mit vielen ehrenamtlichen Helfern den bedrängten Menschen freundlich und hilfsbereit begegnen wollen.
Kreistag und Gemeinderat haben mit großen Mehrheiten die Bereitschaft zur guten Unterbringung der Flüchtlinge artikuliert. Wenn mehr Menschen vorübergehend oder auf längere Zeit in Tübingen Zuflucht finden, müssen Hilfe und Helfernetze ausgeweitet werden. Was können wir für diejenigen tun, die nur wenige Wochen in der LEA sein werden? Wie können wir denen helfen, die weitere Monate auf Ihre Anerkennung warten? Wie funktioniert Integration in der Anschlussunterbringung? Es dürfen keine Gettos entstehen, wir müssen auf Mischung setzen, auf gute Nachbarschaft bedacht sein.
Der gemeinsame Einsatz der Gemeinderatsfraktionen für einen Flüchtlingsgipfel war ein richtiger, wichtiger Schritt. Alle zuständigen Stellen, Institutionen, Helfergruppen müssen sich koordinieren. Über die Wohnsituation hinaus geht es um das Sich-Einfinden-Können in einer neuen, fremden Umgebung. Wer in Tübingen als Flüchtling ankommt, soll auf eine freundliche Stadt treffen. Wer eines Tages nach Ende von Gewalt und Krieg in die Heimat zurückkehrt, soll gute Erinnerungen mitnehmen. Wer hier bleiben muss oder bleiben will, muss gute Chancen haben, mit uns und unter uns ein selbstbestimmtes, gutes Leben zu führen.
Ute Leube-Dürr
SPD-Fraktion