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LESERBRIEFE

Vorrang

Nach einem Bericht des Schwäbischen Tagblatts vom 10.01.2008 sagte Oberbürgermeister Boris Palmer zur Zukunft der Kinderbetreuung in Tübingen, weitere Neueinstellungen seien für ihn nicht akzeptabel. Qualität sei, wenn alle Kinder einen Platz hätten.
Die SPD-Fraktion halte davon nichts, glaubt er in der Etat-Debatte herausgehört zu haben, „die wollen mich im Kommunalwahlkampf im nächsten Jahr als unsozial hinstellen.“

Dazu eine Bemerkung:

In der Tat, wir Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten wollen neben dem zahlenmäßigen Ausbau der Kinderbetreuung auch und mit Nachdruck den qualitativen Ausbau. Das wird nur mit Neueinstellungen qualifizierten und ordentlich bezahlten Personals möglich sein. Das, lesen wir, möchte der Oberbürgermeister vermeiden. Er hegt nun die Befürchtung, die SPD-Fraktion wolle ihn deshalb als unsozial hinstellen. Das ist etwas merkwürdig. Jeder weiß doch, dass das Soziale bei den Grünen (und auch bei anderen Parteien und Gruppierungen) nun einmal nicht den höchsten Stellenwert hat. Politisch engagierte Menschen sortieren sich nach ihren wichtigsten Grundüberzeugungen. Man muss das in der Demokratie zur Kenntnis nehmen. Es geht damit um den politischen Wettstreit: Was hat Vorrang?
Wir sind Optimisten, wir verlieren uns nicht in Angstszenarien und Weltrettungsträumen. Wir glauben daran, dass man Schritt für Schritt, manchmal auch mit Irrungen und Rückschlägen, die Lebensverhältnisse der Menschen, der Familien, Kinder, Jugendlichen zumal, verbessern kann und verbessern muss. Ja, wir wollen auch die Sanierung von Altbauten und die Entwicklung der südlichen Innenstadt. Aber was machen wir, wenn das Geld nur einmal ausgegeben werden kann? Da setzen wir eben die Schwerpunkte auf Betreuung, Bildung, Familienfreundlichkeit, Integration, Teilhabe. Man sieht das, wenn es gelingt, vielleicht nicht in Kubikmetern umbauten Raums. Aber die innere Struktur, Kultur und Verfasstheit des Gemeinwesens, das, was eine Stadt für die Menschen lebenswert macht, das ist es, was für Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten Vorrang hat.

Klaus te Wildt
SPD-Stadtrat
Pfrondorf

Leserbrief ans Tagblatt vom 11.01.2008