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Es verschlägt einem die Sprache

Zum Spiegel-Gespräch mit Boris Palmer am 13.02. 2016

Leserbrief vom 15.02. 2016

Seine im Spiegel martialisch formulierten Positionen in der Flüchtlingspolitik – Stichworte sind „bewaffnete Grenzer“ oder “ unser Staatsvolk zuerst“ – muss unser Oberbürgermeister Boris Palmer schon selbst verantworten. Nicht in Ordnung ist es, wie er die Tübinger Stadtgesellschaft als Kronzeugen benennt. So wurden bei mehreren Bürgerversammlungen in Tübingen in der letzten Woche natürlich auch Fragen gestellt und Sorgen artikuliert, ganz im Vordergrund stehen aber nach wie vor Verständnis, Hilfsbereitschaft und das Engagement zahlreicher Unterstützergruppen.
Im Übrigen ist die Stadt Tübingen bislang nur für wenige Hundert Flüchtlinge zuständig, während der Landkreis sich geräuschlos und effektiv seit Monaten um deutlich mehr Hilfesuchende kümmert. Das ist gute Politik, die ihrer Verantwortung gerecht wird. Das gilt auch für die sehr gute Arbeit der beiden Bürgermeister, Frau Dr. Arbogast und Herr Soehlke, sowie der zahlreichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Stadtverwaltung, die mit dem Flüchtlingsthema betraut sind. Sie machen einen guten Job, während der Chef effektheischend Parolen drischt ohne neue Problemlösungsansätze zu präsentieren. Als ob die Bundesregierung nicht schon seit Monaten um eine europäische Lösung mit Hotspots an den EU-Außengrenzen ringen würde. Unser OB bedient sich dabei einer Sprache, die einem fast die Sprache verschlägt. Mit Verantwortungsethik hat es jedenfalls nichts zu tun, wenn Palmer die Angst um „blonde Töchter“ vor arabischen Männern verständnisvoll zitiert. Das unterscheidet sich in nichts von der Stimmungsmache der AfD.

Dr. Martin Sökler
Fraktionsvorsitzender der SPD im Tübinger Gemeinderat