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MITTWOCHSPALTEN

Umgang mit Kultur

MITTWOCHSPALTE DER SPD-FRAKTION VOM 10. JULI 2013

Dürer in der Kunsthalle – Monopoly auf dem Holzmarkt. Wie feiern wir den Tübinger Vertrag? Die Diskussion darüber war detailverliebt und emotional. Ein Beispiel für den Umgang mit Kunst und Kultur im Tübinger Gemeinderat. Zu Tage trat das Dilemma, in dem wir uns befinden. Kunst braucht Freiheit, Kulturtreibende müssen aber auch essen. Ohne Geld keine Kunst und Kultur.

Sieht man von den wenigen Ausnahmen ab, zu denen die Adriani-Ausstellungen in den 80er- und 90er Jahren zählten, sind die Präsentationen von Kunst und Kultur immer Zuschussveranstaltungen. Glücklicherweise gibt es in Tübingen einen breiten Konsens darüber, dass diese Zuschüsse gut angelegt sind. Der Gemeinderat hat klare Regeln und Transparenz für die Finanzierung der konkreten Projekte gefordert. Die von der Kulturamts-Chefin entwickelten Förderrichtlinien haben uns hier einen großen Schritt weitergebracht.

Doch das genügt nicht, die Organisator/innnen müssen die Chance haben, uns ihre Projekte vorzustellen und sie im öffentlichen Diskurs zu vertreten. In diesem Diskurs sind wir Stadträt/innen gut beraten, Mut zu zeigen.

Wie sieht das am Beispiel des Tübinger Vertrags aus? In der Kunsthalle wird die Groß- und Hauptausstellung stattfinden. Mit kleinen Summen kommt man nicht weit, wenn Werke in zweistelliger Millionenhöhe versichert werden müssen. Die Stadt ist mit etwas über einem Drittel an den Gesamtkosten der Ausstellung beteiligt, das Risiko trägt die Kunsthallenstiftung.

Im Stadtmuseum dann die sozialhistorisch konzipierte Ausstellung, die einem breiteren Publikum den Zugang zum weitgehend unbekannten Tübinger Vertrag und seiner Bedeutung schaffen soll. Daniela Rathe und Wiebke Ratzeburg haben mit viel Fantasie ein Programm entwickelt, das wichtige Aspekte von Freiheit und Verantwortung sinnlich erlebbar zu machen verspricht. Ein guter, bürgernaher Ansatz. Die dritte Säule bildet das Rahmenprogramm der Tübinger Kulturvereine und Künstler. So wird der Tübinger Vertrag, wenn alles gelingt, ein Jahr lang das Kulturthema Nummer eins in unserer Stadt sein. Und so werden gut informierte und motivierte Besucher/innen den Weg in die Kunsthalle finden. Das gelingt aber nur, wenn wir bereit sind, alle drei Säulen zu finanzieren.

Kommt uns der Tübinger Vertrag dann nicht genauso teuer wie das seinerzeit diskutierte Tyradelis-Projekt? Vielleicht! Aber jetzt sind alle Tübinger/Innen mit von der Partie – nicht nur die „Ehrbarkeit“. In gewisser Weise also doch ein kleiner neuer „Tübinger Vertrag“

Andrea Le Lan