Kategorien
MITTWOCHSPALTEN

Beschränkte Einsicht

MITTWOCHSPALTE VOM 24. Oktober 2007

„Es ist dem Untertanen untersagt, den Maßstab seiner beschränkten Einsicht an die Handlung der Obrigkeit anzulegen“. (Kurfürst Friedrich Wilhelm von Brandenburg). Die Wertschätzung für diese Maxime ist im Tübinger Rathaus nicht verloren gegangen.

Da ist der Plan für Erweiterung und Neugestaltung des Festgeländes mit Parkplatz in den Weilheimer Wiesen. Ein Punkt: Der Parkplatz wird bewirtschaftet, die Baukosten werden durch Gebühren gedeckt. Die SPD, dem Projekt durchaus aufgeschlossen: „Das belastet Freibadbesucher und Sportler.“ Antwort: „Es gibt kein Menschenrecht auf kostenlose Parklätze.“ Die SPD: „Hat man mit den Sportvereinen gesprochen?“ Antwort „Das ist nicht nötig, die Antwort können wir uns denken.“ Das sitzt. Antrag der SPD-Fraktion: Die Sache wird vertagt, man spricht erst einmal mit den Vereinen, mit den Bürgerinnen und Bürgern, man rechnet die Finanzierung sauber durch. Antwort: Nein, nicht nötig, Entscheidung sofort! Und tatsächlich, der Gemeinderat stimmt zu, auch der nicht weiter reflektierten Parkraumbewirt- schaftung. Uneinsichtig allein die SPD. Sie beharrt darauf, das Vorhaben mit dem Maßstab ihrer bschränkten Einsicht zu beurteilen. – Inzwischen hat sich Protest zusammengebraut, die Kolleginnen und Kollegen kriegen kalte Füße – und bleiben bei ihrem Beschluss.

Die Idee eines erweiterten Festplatzes hat vieles für sich, auch aus städtebaulicher Sicht. Unsere Sportgelände bilden mit Linden- und Jahnallee, mit der Halle und mit dem neuen TSG-Gelände ein tolles Ensemble. Im Westen dann ein ziemlich schäbiges Areal. Vor der Arena und den Sportgaststätten eine lieblose Fläche. Ein ordentlicher Fest- und Messeplatz würde Chancen eröffnen. Aber hier müssen die Belange der Bürgerinnen und Bürger berücksichtigt werden. Die Rappenberghalde, Weilheim und das Gebiet für Siedlungs- erweiterungen im Saiben sind betroffen. Auch der Hochwasserschutz muss gewährleistet sein.

Was nicht geht, ist, die Baukosten den Sportlerinnen und Sportlern, den engagierten Ehrenamtlichen, den Sporteltern und den Freibadbesuchern von oben herab aufs Auge zu drücken. Wenn man eine Million ausgeben will, muss man verantwortungsvoll abwägen, besonders dann, wenn einem die Million nicht gehört. Keine freie Fahrt, bevor nicht die Finanzierung gesichert, das Gespräch mit den Betroffenen geführt und die Kosten-Nutzen-Analyse abgeschlossen ist. Die Dinge sind kompliziert, und bei der Lösung komplizierter Aufgaben sind Regeln einzuhalten. Prinzipienlosigkeit wird uns freilich neuerdings als Pragmatismus verkauft.

Wir bleiben dabei: Eine Parkraumbewirtschaftung muss mit den Sportvereinen abgestimmt sein. Wir wollen Sport und Sportler fördern und ihnen keine Knüppel zwischen die Beine werfen. Wir wollen nicht, dass den Freibadgästen und dort vor allem den Familien ein zweiter Eintritt abgeknöpft wird. Wir brauchen kein Gelände, dem die Leute den Rücken kehren. Ganz ohne Gebühren geht es aber auch nicht, wir können nicht mit viel Geld einen freien Parkplatz für die Behörden in den Mühlbachäckern bauen. Es kommt auf die vernünftige Balance an. Parkzeiten und Gebührenstaffeln können ein Thema sein, Streckung der Refinanzierung, Anheben der Festplatzmieten, und Berücksichti- gung des stadtplanerischen Mehrwerts.
Wir bleiben am Ball.

Klaus te Wildt