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AKTUELLES ANTRÄGE

Fragen zur Öffnung der Kitas im Regelbetrieb

Fragen für die Fragestunde im Gemeinderat

Hintergrund: Am 29.06. öffnen die Kitas wieder im Regelbetrieb, allerdings bei Ganztagesgruppen mit reduzierter Öffnungszeit (35 h/Woche). Damit bestehen nach den großen Belastungen in den letzten Wochen für viele Familien, insbesondere Alleinerziehende und ganztags Berufstätige weiterhin große Probleme fort. Diese Last wird überwiegend von Frauen getragen. 

In diesem Zusammenhang folgende Fragen: 

1. Wieviel Gruppen und Kinder sind aktuell in welchem Umfang von den verkürzten Öffnungszeiten betroffen? 

2. Warum werden die Lasten nicht gleichmäßig auf alle Kinder, auch in Teilzeitguppen, verteilt? 

3. Wird, und wenn nein, warum nicht, von dem erlaubten Instrument der vorübergehenden Verschlechterung des Personalschlüssels Gebrauch gemacht, um zumindest in großen Einrichtungen bei größeren Gruppengrößen längere Öffnungszeiten anbieten zu können? 

4. Wieviele Erzieherinnen und Erzieher sind aufgrund Zugehörigkeit zu einer Risikogruppe aktuell nicht im Dienst? 

5. Welche zeitliche Perspektive sieht die Verwaltung bei der Rückkehr zu den normalen Öffnungszeiten? 


Antwort der Stadtverwaltung:

1. Die Stadt Tübingen betreibt insgesamt 43 Einrichtungen mit 147 Gruppen mit einer Öffnungszeit zwischen 30 und 50 Wochenstunden. In 81 Gruppen liegt die Betreuungszeit normalerweise über 35 Stunden (15 Gruppen mit 50 Stunden, 59 Gruppen mit 45 Stunden, 7 Gruppen mit Zeitenmischung zwischen 35 bis 42 Stunden). Diese Gruppen sind von den derzeit verkürzten Öffnungszeiten betroffen. Lediglich eine Kita wurde schon zu Beginn der Notgruppenbetreuung auf 30 Stunden pro Woche reduziert. Diese Kita hatte vor Corona 35 Stunden/Woche. Weitere 66 Gruppen mit Betreuungszeiten zwischen 30 bis 35 Stunden sind nicht betroffen.

Seit dem 29. Juni haben alle Kinderhäuser max. 7 Stunden Betreuungszeit, die Mehrzahl von 7:30 Uhr bis 14:30 Uhr und einige Einrichtungen nach Absprache mit dem Elternbeirat von 8:00 Uhr bis 15:00 Uhr. In 13 Kitas wird für die angemeldeten Kinder zusätzlich noch der Frühbaustein angeboten (Beginn 30 Minuten vor der regulären Öffnungszeit). 

2. In den Kitagruppen mit dem Grundangebot 35 Stunden sind die Deputate der Erzieher/-innen auf das Angebot abgestimmt. Eine Reduzierung der Betreuungszeit auf 30 Stunden hätte hier zur Folge, dass die/der Erzieher/-in nicht ihr vollständiges Deputat in dieser Gruppe arbeiten könnte. Ein anschließender Einsatz nach Gruppenschluss in einer anderen Gruppe ist aus Gründen des Hygieneschutzes nicht möglich. Eine grundsätzliche Versetzung der Mitarbeiter/-in eine andere Gruppe mit längeren Öffnungszeiten hätte zur Folge, dass die Kinder Ihre Bezugserzieherin verlieren würden.

3. Mit der Öffnung der Einrichtungen zum eingeschränkten Normalbetreib ab dem 29. Juni wurde die Möglichkeit der Verschlechterung des Personalschlüssels zunächst nicht angewandt. Zum einen, um das Wiederkommen der Kinder und das pädagogische Setting in den Gruppen positiv zu gestalten und den Kindern, die so lange die Einrichtung nicht besuchen konnten, wieder adäquat einzugewöhnen. 

Zum anderen war es die Absicht der Verwaltung, aus Gründen der Mitarbeiter/-innenfürsorge (Verunsicherung, auch Sorge vor einer Ansteckung durch vollausgelastete Gruppe bei Aufhebung des Mindestabstands) die Rahmenbedingungen möglichst konstant zu der Vor-Corona-Zeit zu gestalten. Die Arbeit der Erzieher/-innen ist unter den genannten Bedingungen eine große Herausforderung und z.T. psychische Belastung. Die von der Landesregierung angekündigte Teststrategie zum Schutz der Beschäftigten liegt bis heute nicht vor, obwohl diese begleitend zur Öffnung der Einrichtungen angekündigt war. 

Vorschulische Bildung ist nicht nur ein wichtiger Inhalt der Kita-Pädagogik, er wird auch von den Eltern deutlich eingefordert. Viele Eltern haben sich während der erzwungenen Kita-Pause darüber beklagt, dass ihre Kinder vom Bildungssystem Kita ausgeschlossen seien und sie dringend wieder an Bildungsangebote teilhaben sollen. Grundlegende Voraussetzung für gelingende Bildungsarbeit ist jedoch eine ausreichende personelle Ausstattung.

Auf der Grundlage der Überlegungen, einerseits eine für die Kinder und Elternverlässliche und auskömmliche Betreuungszeit und andererseits eine qualitätvolle Pädagogik und Bildungsarbeit zu ermöglichen, hat die Verwaltung in einem ersten Schritt entschieden, die Betreuungszeit auf 7 Stunden zu begrenzen und zunächst keine Personalreduzierung umzusetzen, um so allen Beteiligten das „ankommen“ in der neuen Situation zu erleichtern..

4. 30 Erzieher/-innen können aufgrund eines individuellen Risikohintergrunds nicht eingesetzt werden. Darüber hinaus sind noch 27,31 Stellen (37 Personen mit einem Stellenumfang von 16% bis 100% AK) nicht besetzt. Insgesamt fehlen somit 67 Erzieher/-innen in der pädagogischen Arbeit.

Da nach wie vor die Gruppen konstant bleiben sollen (Hygieneschutz), können in den Randzeiten, in denen nur wenige Kinder anwesend sind, die Gruppen nicht zusammengelegt werden. Dies verschärft das Problem, denn bei einerseits deutlich reduziertem Personal wird in der Kita andererseits sogar mehr Personal benötigt, da auch in den Randzeiten jede Gruppe von einer Person betreut werden muss. 

5. Sobald sich der pädagogische Alltag in den Gruppen wieder etablieren hat und – sofern erforderlich – die Kinder in guter Weise wieder eingewöhnt wurden, wird im nächsten Schritt geprüft, ob und inwieweit durch eine maßvolle Unterschreitung des Personalschlüssels die Öffnungszeiten ausgeweitet werden kann. Das Ziel ist in einem ersten Schritt die Ausdehnung der Öffnungszeit um 1 Stunde auf max. 8 Stunden täglich. Dies würde eine gruppenbezogene Personalreduzierung um 15% bedeuten und hätte zur Folge, dass über einen längeren Zeitraum am Vormittag und am Nachmittag eine Fachkraft mit 20-25 Kindern alleine wäre. 

Das Kultusministerium hat vorgeschlagen, die alleinige Anwesenheit einer Fachkraft durch Einstellung von zusätzlichen FSJ, Auszubildenden oder Nichtfachkräften abzufangen. Die dadurch erhoffte Entlastung kommt jedoch nicht zum Tragen, da schon vor März 2020 die regulären FSJ und Auszubildendenstellen nicht vollumfänglich besetzt werden konnten. Auch Nichtfachkräfte mit pädagogischer Vorerfahrung wurden schon vor Corona gesucht und standen nicht in dem Maße zur Verfügung, dass nennenswert Abhilfe schaffen werden könnte. 

Sollten die Coronainfektionen weiterhin auf niedrigem Niveau bleiben und auch die Rückkehr zum Regelbetrieb unter Pandemiebedingungen keine erhöhten Erkrankungszahlen in den Kitas nach sich ziehen, kann daran gedacht werden, nach den Sommerferien in den Randzeiten Gruppen wieder zusammen zu legen oder Erzieher/-innen wieder in unterschiedlichen Gruppen einzusetzen. Beides entlastet den Personalschlüssel und Öffnungszeiten könnten wieder ausgeweitet werden.

Eine verlässliche und stabile Rückkehr zum inhaltlich und zeitlich vollständigen Angebot in den Kitas wird jedoch erst möglich, wenn sich die Zahl der fehlenden Erzieher/-innen (ob durch nicht besetzte Stellen oder Freistellungen) deutlich reduziert.